BUCHBESPRECHUNGEN
im Jahr 2010
Rezensionen von Martin Banger
„Bring mir den Kopf vom Nikolaus“
von Simon Borowiak
Der Ich-Erzähler dieser kleinen Geschichte freut sich auf den schönsten Tag des Jahres: den Weihnachtsabend. Doch von ungetrübter Freude ist hier leider nicht die Rede. Die besinnliche Stimmung wird immer wieder von ausgiebigen Weinkrämpfen unterbrochen – hat doch die wunderbare Bernadette erst kürzlich die Beziehung beendet und den Erzähler allein gelassen. Als es unerwartet an der Tür klingelt, steht dort nicht die schmerzlich vermisste Geliebte, sondern – eine zierliche, braunhaarige Unbekannte mit einem verlegen dreinblickenden Rentier an der Seite. Die Weibsperson riecht ein wenig nach Alkohol und behauptet, eine Fee zu sein. Und bevor überhaupt Wünsche erfüllt werden können, soll erst mal der Pizzaservice informiert werden, denn die Fee hat Hunger. Und Durst. Viel Durst ...
Simon Borowiak: Bring mir den Kopf vom Nikolaus.
Eichborn, 75 Seiten, 9,95 €.
„Caligula“
von Tom Nestor
Weltweit stürzen Dutzende Passagierflugzeuge zeitgleich ab. Ein Computer-Virus legt das Internet lahm. In Kolumbien wird ein Drogenbaron bestialisch ermordet. Als die CIA-Agentin Aurelia Fernandéz eine mögliche Verbindungen zwischen diesen Fällen untersucht, stößt sie auf ein geheimes Forschungsprojekt, das sich mit der Entwicklung künstlicher Intelligenz befasst. Demselben Projekt ist auch der Hacker Lars Hendriksson auf der Spur. Schon bald ahnen beide, dass das Experiment außer Kontrolle geraten ist und mit den schrecklichen Vorfällen in Verbindung steht. Jeder, der versucht, weitere Katastrophen zu verhindern, begibt sich in tödliche Gefahr. Ein gnadenloser Wettlauf gegen die Zeit beginnt.
Tom Nestor: Caligula.
Bastei-Lübbe, 448 Seiten, 8,99 €.
„Das alte Kind“
von Zoë Beck
Carla Arnim, die vor kurzem Mutter geworden ist, muss sich wegen einer Gürtelrose im Krankenhaus behandeln lassen. Da Ansteckungsgefahr besteht, kommt ihre sechs Monate alte Tochter Felicitas auf die Säuglingsstation. Als die Behandlung nach wenigen Tagen abgeschlossen ist, und Felicitas zu Carla zurückgebracht wird, ist diese zutiefst irritiert. Carla erkennt ihr Kind nicht wieder und ist sich sicher, dass es vertauscht wurde. Da es auf der Station keine anderes Kind in dem Alter gibt, schenkt niemand Carla Glauben. Fiona Hayward erwacht stark blutend in ihrer Badewanne. Sie kann sich an nichts erinnern und ist überzeugt, dass jemand sie umbringen wollte. Doch weder der Notarzt glaubt ihr noch das Personal im Krankenhaus. Man geht vielmehr von einem Selbstmordversuch aus. Zwei parallel erzählte Geschichten, die sich zu verschiedenen Zeiten an verschiedenen Orten abspielen, beginnen, sich auf spannende Weise immer mehr miteinander zu verweben.
Zoë Beck: Das alte Kind.
Lübbe, 300 Seiten, 6,49 €.
„Das Gesetz der Spinne“
von Theresa Schwegel
Detective Craig McHugh vom Chicago Police Departement ist als Undercover-Agent auf eine chinesische Drogen-Gang angesetzt worden. Als seine 17-jährige Tochter anfängt, Ecstasy zu schlucken, gerät die ganze Familie unversehens in einen Strudel aus Angst und Gewalt. Denn der Stoff stammt von genau der Gang, die Craig gerade hochnehmen will. Und was noch explosiver ist: Seine Tarnung droht aufzufliegen …
Die packende Story einer Polizistenfamilie, die immer mehr unter Druck gerät.
Theresa Schwegel: Das Gesetz der Spinne.
Knaur, 465 Seiten, 8,95 €.
„Das Mädchen mit den zwei Blutgruppen“
von Martina Frei
Unglaubliche Fallgeschichten aus der Medizin
Warum ein Gebiss monatelang im Hals stecken und Haare waschen zu einem Schlaganfall führen kann: Eine ungewöhnliche Sammlung von ebenso wahren wie bizarren Fallgeschichten aus der Medizin. Wussten Sie, dass eine verrutschte Kunstlinse durch eine Fahrt mit der Achterbahn wieder in die richtige Position gebracht werden kann? Dass man auch mit einem 30 Zentimeter langen Messer im Rücken meilenweit laufen kann? Dass man als Arzt während einer Notoperation mit dem Kaugummi des Assistenten den Patienten vor einer tödlichen Hirnblutung retten kann? Die Ärztin und Wissenschaftsjournalistin Martina Frei erzählt von seltenen, unglaublichen und skurrilen Fällen von Verletzungen, Diagnosen, Todesarten und Heilungsmethoden, die Kollegen aus aller Welt erlebt haben und die garantiert in keinem medizinischen Lehrbuch stehen.
Martina Frei: Das Mädchen mit den zwei Blutgruppen.
Eichborn, 224 Seiten, 16,95 €.
„Das Mädchen seiner Träume“
von Donna Leon
Gerade noch hing Brunetti Gedanken über Gott und die Welt und die Beerdigung seiner Mutter nach, da reißt ihn der Tod einer Elfjährigen aus allen Betrachtungen und unwichtigeren Fällen. Und verfolgt ihn schon bald bis in die Träume, denn das Schlimmste daran ist: Niemand meldet ein Kind als vermisst. Und auch der Goldschmuck, den das Mädchen auf sich trägt, wird von niemandem reklamiert. Brunetti muss nicht nur in Erfahrung bringen, warum das Roma-Mädchen zu Tode kam, sondern auch, wer sie überhaupt ist. Und er muss begreifen, wie weit manche Leute zu gehen bereit sind, wenn ein Kind im Spiel ist. Brunetti‘s 17. Fall führt ihn von den Auffanglagern der Ärmsten bis ins Wohnzimmer von Wohlsituierten mit ihren guten Verbindungen zu Recht und Ordnung. Dem Commissario aber ist mehr denn je sein eigenes Gewissen Gesetz.
Donna Leon: Das Mädchen seiner Träume.
Diogenes, 352 Seiten, 21,90 €.
„Der 26. Stock“
von Enrique Cortéz
Enrique Cortés, Jahrgang 1980, studierte Jura und arbeitete als Radiosprecher, Kellner und Maurergehilfe. Während er an der Story für dieses Buch schrieb, in dessen Zentrum ein Hochhausbrand steht, wurde er Zeuge, wie das Windsor-Gebäude in Madrid im Jahr 2005 in Flammen aufging. Ebenfalls in Madrid spielt Cortés´ Thriller: In einer kalten Februar-Nacht brennt die Zentrale eines internationalen Großkonzerns. Nachdem der Wolkenkratzer evakuiert wurde, entdecken Schaulustige im 26. Stock menschliche Schatten, doch trotz intensiver Suche in den Tagen darauf, werden keine Leichen gefunden und auch niemand vermisst. Bereits Wochen vor der Brandkatastrophe kam es zu seltsamen Vorkommnissen in dem Hochhaus: mehrere Angestellte der Firma verschwanden spurlos ...
Enrique Cortéz: Der 26. Stock.
DTV, 608 Seiten, 14,90 €.
„Der Barbier von Bagdad“
von Paul Flieder
Leben, Sterben, Glauben im Irak
Informationen über die Lage im Irak beruhen auf Berichten aus der Grünen Zone Bagdads, die aus Angst vor Selbstmordattentätern mit Mauern, Militär und Polizei vom wirklichen Leben abgeschirmt ist. Paul Flieder ließ die Grüne Zone links liegen und bereiste auf eigene Faust mit der Filmkamera den Irak. Sein neugieriger Blick gilt dem Alltagsleben der Menschen, deren ständige Angst vor Terror und Militärschikanen zu einer völligen Umstellung ihrer Lebensgewohnheiten geführt hat. Er berichtet über ein Land, dessen Bevölkerung traumatisiert ist und ohne Hoffnung in die Zukunft blickt. Und dennoch den Glauben an Gott nicht verliert, den Alltag mit Mut und Humor meistert. Er verlässt sich nicht auf die offiziellen Statements von Politikern und Regierungsbeamten, sondern spricht mit Witwen und Waisen, Entführungs- und Bombenopfern, Geschäfts- und Theaterleuten, Imamen und Polizisten, die er auf Reportagereisen – oder in einem Bagdader Friseurladen kennenlernt. Ohne Eskorte unterwegs in Mossul, Erbil, Kirkuk und Bagdad gerät er mitunter in missliche Situationen, aus denen ihn nur beherztes Handeln im richtigen Moment rettet. Seine Erlebnisse zeigen mit erschreckender Deutlichkeit, wie die Sicherheitslage im Irak im Moment des Abzugs der US-Truppen wirklich ist. Ein Bericht über die menschliche Tragödie im Irak, voller Unmittelbarkeit.
Paul Flieder: Der Barbier von Bagdad.
Residenz-Verlag, 208 Seiten, 19,90 €.
„Der Champagner-Fonds“
von Paul Grote
Philipp Achenbach ist seit vielen Jahren Chef-Verkoster eines Kölner Weinimporteurs. Bisher mit seiner Stellung zufrieden, macht er sich zunehmend Sorgen über die neuen Pläne seines Chefs. Der nämlich will hoch hinaus und plant, an der Börse Gewinne mit einem Champagner-Aktienfonds zu machen. Achenbach soll die Vorarbeiten dazu übernehmen, doch schon die Idee gefällt ihm nicht, und schon bald beginnt er auch, den Finanziers aus London zu misstrauen. Als er in der Champagne Kontakte zu Winzern herstellt, kommt er einem groß angelegten Betrug auf die Schliche. Bei seinen weiteren Recherchen gerät er nicht nur zwischen alle Fronten, sondern auch in Gefahr. „Der Champagner-Fonds“ ist der fünfte Krimi von Paul Grote, der im Umfeld des Weinanbaus spielt. Neben der Spannung eines gutgeschriebenen Krimis erwartet den Leser viel Wissenswertes aus der Welt des Champagners.
Paul Grote: Der Champagner-Fonds.
DTV, 400 Seiten, 8,95 €.
„Der digitale Peters“
von Hans-Rudolf Behrendt, Thomas Burch und Martin Weinmann
Der 2002 verstorbene Historiker Arno Peters suchte und fand eine neue Art der Geschichtsschreibung: Analog zur Landkarte erfand er die Zeitkarte. Unter dem Namen „SynchronOptische Weltgeschichte“ erarbeitete er im Laufe mehrerer Jahrzehnte einen Atlas, der den Zusammenhang geschichtlicher Abläufe sichtbar macht. Parallel zueinander sind Ereignisse aus Wirtschaft, Geistesleben, Religion, aus Kriegen und Revolutionen dargestellt. Die Erschließung der gesamten Universalgeschichte gelang Peters mit Hilfe eines Teams von Spezialisten aus den verschiedensten Wissenschaftsgebieten. Unter dem Namen "Der Digitale Peters" erscheint nun eine DVD, die völlig neue Zugriffsmöglichkeiten auf Arno Peters´ Werk bietet. Ereignisse und Persönlichkeiten lassen sich mit ihren Verbindungen aufrufen. Wie eng und auf welche Weise andere Daten damit zusammenhängen wird auf einen Blick sichtbar. Auf den Zeitkarten lassen sich unterschiedliche Ereignistypen (Gesellschaftsordnung, Geistesleben, Wirtschaft und Technik) zusammenfassen, weltgeschichtliche Eignisse und die Lebenszeit von historischen Gestalten in über 1.100 synchronoptischen Tafeln unter die Lupe nehmen. Mit der Recherchefunktion werden Stichworte und Namen gefunden, dazu gibt es Hinweise zu verwandten Daten und Themen. Eine weitere Funktion bietet die Möglichkeit, alle Daten zu einem Thema zeitlich synchron in ausführlichen Texten parallel zu betrachten und mit eigenen Kommentaren zu versehen.
Hans-Rudolf Behrendt, Thomas Burch, Martin Weinmann: Der digitale Peters
(DVD mit Begleitbuch; Systemvoraussetzungen: PC: XP, Vista, Win 7; Mac: Intel-Prozessor, ab OS 10.5; freie Festplatte: 7 GB).
Zweitausendeins, 89,90 €.
„Der Toten tiefes Schweigen“
von Susan Hill
In Lafferton, einer kleinen Stadt in England kommt es zu einer Reihe von Morden an jungen Frauen, die zunächst scheinbar nichts miteinander zu tun haben. Doch Simon Serrailler, dem Chief Superintendent, fällt ein makabrer Zusammenhang auf: Alle Ermordeten hatten gerade mit Hochzeitsvorbereitungen zu tun. Ein Mord fand gleich nach den Flitterwochen statt, ein anderer auf einem Polterabend, ein weiterer an einer Brautjungfer. Weitere Gemeinsamkeiten scheint es zwischen den Fällen nicht zu geben. Viele junge Paare in Lafferton sind beunruhigt, manche Hochzeit wird verschoben. Als der "Hochzeitsmörder" wieder zuschlägt, ist jedoch alles ganz anders - auch weil Detective Simon Serrailler eine Familientragödie zu verkraften hat, die ihn nicht mehr klar denken lässt ...
Susan Hill: Der Toten tiefes Schweigen.
Knaur, 448 Seiten, 16,95 €.
„Die Geschichte von König Lear“
von Gisbert Haefs
Gisbert Haefs, Autor historischer Romane und der Matzbach-Krimis hat die Geschichte von König Lear neu in Prosa übertragen. König Lear will abdanken und das Reich unter seinen Töchtern aufteilen: Wer ihn am meisten liebt, soll am meisten bekommen. Die beiden älteren, Goneril und Regan, bekunden wortreich ihre Liebe, während die jüngste, Cordelia, schweigt, weil Sprache ihre Gefühle nicht ausdrücken kann. Lear erkennt die wahre Liebe seiner jüngsten Tochter nicht, Eitelkeit und Machtverliebtheit machen ihn blind, sodass er sein Reich den beiden älteren zuspricht, die Jüngste aber enterbt. Doch schon bald muss er erfahren, wie sehr er sich getäuscht hat. Goneril und Regan, die ihrem Vater Schutz und Unterhalt versprochen haben, verstoßen ihn bald. Begleitet von einem Getreuen und einem Narren irrt Lear durchs wüste Land und verfällt dem Wahnsinn.
Gisbert Haefs: Die Geschichte von König Lear.
Insel Verlag, 175 Seiten, 7,00 €.
„Die große Brocklaus“
von Oliver Kuhn, Axel Fröhlich und Alexandra Reinwarth
Das komplett erfundene Lexikon
„Die große Brocklaus“ versteht sich als unverzichtbarer Ergänzungsband zu allen bisher veröffentlichten Lexika jedweder Art. Aufgeführt sind sämtliche unbekannten Wissenslücken aus allen Bereichen des menschlichen Lebens, aus Forschung und Technik, Geschichte, Kunst und Kultur. Alle Stichworte sind in Wissenschaft und Literatur bisher unerwähnt und daher schlicht übersehen worden. Ob korrekte Definition des Ostpols, die genaue Ableitung der unschönen Zahl Pu oder Einführung in den theologischen Diskurs über das häufig immer noch für verschollen gehaltene elfte Gebot – „Die große Brocklaus“ führt den uninformierten Suchenden sicher durch den Dschungel des Nichtwissens. Auch der wissenschaftlich nicht vorgebildete Leser findet eine Fülle interessanten Nichtwissens aus Alltag, Gefahrenabwehr und Menschenkunde. Mit vielen S/W-Abbildungen und einigen Farbtafeln.
Oliver Kuhn, Axel Fröhlich, Alexandra Reinwarth: Die große Brocklaus.
Droemer, 424 Seiten, 20,00 €.
„Die Kunst, einen Drachen zu reiten“
von Bernhard Moestl
Im Zuge seiner Reisetätigkeit lernte Bernhard Moestl das Shaolin-Kloster kennen und verbrachte dort einige Monate, um das Leben der Mönche zu studieren. Diese Erfahrung prägte sein Leben und führte ihn zum Schreiben seines Bestsellers „Shaolin – du musst nicht kämpfen, um zu siegen“. In seinem neuen Buch zeigt er, wie zentral die Macht der Gedanken für unser Dasein ist. Denn jeder Mensch lebt in der Wirklichkeit, die er sich durch sein Denken selbst erschaffen hat. Und nur durch die eigene Gedankenkraft kann diese Realität auch wieder verändert werden – im Positiven, wie im Negativen. Der unbezwingbare Drache aus dem alten China steht dabei als Sinnbild für das Denken. Anhand von zwölf Strategien erfährt der Leser, welche fremden Einflüsse ihn lähmen oder beflügeln. Durch dieses Erkennen wird die Kraft freigesetzt, das eigene Leben selbst zu bestimmen.
Bernhard Moestl: Die Kunst, einen Drachen zu reiten.
Knaur, 224 Seiten, 16,95 €.
„Die Kunst der Mathematik“
von Mario Markus
Alle Erscheinungen unseres Universums lassen sich in mathematische Formeln fassen. Als Physiker fragte Mario Markus sich, wie sich die Schönheit mathematischer Formeln für Laien sichtbar machen lässt. Kunstliebhaber könnten dann nicht nur ihren ästhetischen, sondern zugleich auch ihren naturwissenschaftlichen Horizont erweitern, Fachleuten würde ein neuer Zugang zur Rätselwelt des Chaos eröffnet werden. Marcus entwickelte ein Programm, um die Grenzlinie zwischen Gleichgewicht und Chaos in biologischen Systemen auf beeindruckende Weise zu visualisieren. In seinem Buch zeigt er, wie sich Formeln und Gleichungen in wunderschöne Bilder umrechnen lassen. Die beiliegende Software ermöglicht es, selbst mit Zahlenwerten zu experimentieren und diese in Bilder zu verwandeln.
Mario Markus: Die Kunst der Mathematik.
Zweitausendeins, 220 Seiten, 24,90 €.
„Die leere Trommel“
von Leo N. Tolstoi
Märchen und Legenden aus dem alten Russland,
vorgestellt von Wladimir Kaminer
Leo Tolstoi (1828–1910) entstammte einem alten russischen Adelsgeschlecht. Nach ausgedehnten Reisen durch Europa zog er sich auf sein Familiengut Jasnaja Poljana zurück und verfasste dort seine berühmten Romane und Erzählungen. Tolstoi's erster deutscher Verlag nahm den hundertsten Todestag des Autors zum Anlass, ihn mit einer Märchen- und Legendensammlung zu ehren. Wladimir Kaminer – Kultautor und Gründer der Berliner „Russen-Disko“ – stellt die ebenso rührenden wie abgründigen Erzählungen aus dem alten Russland vor. Die Figuren in Tolstoi's Märchen sind alles andere als Bilderbuchhelden, sie verzichten auf ein Königreich und suchen keine Prinzessin. Der Leser begegnet ihnen in schwierigen Alltagssituationen die nur mit Mut und Weisheit zu bewältigen sind. Auch nach 100 Jahren haben Tolstoi's Botschaften nichts von ihrer Aktualität eingebüßt.
Leo N. Tolstoi: Die leere Trommel.
Diederichs, 336 Seiten, 19,99 €.
„Die Netzhaut“
von Torkil Damhaug
Der zwölfjährige Jo ist mit seiner Mutter und seinem Stiefvater im Urlaub in Griechenland. Doch was sich nach Ferienidylle anhört, entwickelt sich für Jo schnell zum Alptraum: Seine Mutter trinkt, für den unsympathischen Stiefvater schämt er sich, zudem muss er durchgehend auf seine beiden kleineren Geschwister aufpassen. Als Jo sich auch noch unglücklich verliebt, kommt es zum Selbstmordversuch und zur Rettung in letzter Minute. Zwölf Jahre später verschwindet in Oslo die Psychotherapeutin Mailin Bjerke spurlos, und mit ihr eine streng vertrauliche Patientenakte aus Ihrer Praxis. Einige Tage später wird Mailin gefoltert und ermordet aufgefunden. Kommissar Viken und sein Team übernehmen den Fall, gleichzeitig beginnt Mailins eigensinnige Schwester Liss, Nachforschungen anzustellen. Liss hatte sich häufig mit Mailin beraten, da sie sich an nichts erinnern kann, was vor ihrem zwölften Lebensjahr geschah. Als Sie sich nach Oslo aufmacht, kommt auch noch einer ihrer Bekannten zu Tode. Je tiefer Liss in der Vergangenheit ihrer Schwester nachforscht, desto mehr erfährt sich auch über sich selbst. Und kommt dabei dem Mörder ihrer Schwester gefährlich nahe ...
Torkil Damhaug: Die Netzhaut.
Droemer, 543 Seiten, 19,95 €.
„Dinge, die es nicht geben dürfte“
von Reinhard Habeck
Mysteriöse Funde aus aller Welt
Immer wieder tauchen Gegenstände aus vorgeschichtlicher Zeit auf, die nach dem bisherigen Stand der Forschung nicht existieren dürften. Anzeichen dafür, das Menschen schon zur Zeit der Dinosaurier leben, werden von der Wissenschaft nicht ernst genommen. Trotzdem lassen sich manche Funde kaum anders interpretieren. Kann es zur Zeit der Babylonier bereis Elektro-Batterien gegeben haben? So abwegig dies zunächst klingt – unmöglich ist es nicht. Ein Tongefäß, einige Substanzen, die damals bereits bekannt waren und ein wenig Metall – und plötzlich ergeben rätselhafte Zeichnungen einen unerwarteten Sinn. Was aus dem Rahmen der Geschichtsschreibung fällt, verschwindet nicht selten in Archiven und Kellern von Museen und damit aus dem Blick von Forschung und Öffentlichkeit. Reinhard Habeck hat solche in verbannten Museumsstücke aufgestöbert und deckt ihre wahre Herkunft auf. Habeck ist Mitinitiator der großen Wanderausstellung „Unsolved Mysteries“, die seit 2001 hunderte mysteriöse archäologische Sammlerstücke aus aller Welt präsentiert.
Reinhard Habeck: Dinge, die es nicht geben dürfte.
Knaur, 238 Seiten, 8,95 €.
„Ehrenwort“
von Ingrid Noll
Ein halsbrecherischer Sturz bringt den fast 90-jährigen Willy Knobel ins Krankenhaus. Die Prognosen stehen schlecht, die Ärzte rechnen mit einigen wenigen Wochen, die ihm noch zum Leben bleiben. Trotz der lauten Proteste seines Sohnes Harald setzt dessen Frau Petra es durch, dass der Alte bei ihnen zu Hause gepflegt wird. Lange würde es ja ohnehin nicht mehr dauern. Dass es dem 20-jährigen Enkel Max mit einer Vanille-Pudding-Kur gelingen würde, den Großvater wieder auf Vordermann zu bringen, hätte niemand gedacht. Je besser sich der Umsorgte fühlt, desto mehr beginnt das Leben von Harald und Petra aus den Fugen zu geraten. Während sich die beiden den Kopf darüber zerbrechen, wie sie den Störenfried ohne Aufsehen loswerden, bandelt Max mit der Pflegerin Jenny an. Doch die hat ein dunkles Geheimnis. Zwischen Maxiwindeln und Mordversuch erzählt Ingrid Noll's bitterböse Kriminalkomödie von einer Familie, die das Thema Altern auf ganz eigene Weise anpackt.
Ingrid Noll: Ehrenwort.
Diogenes, 336 Seiten, 21,90 €.
„Ein König für Deutschland“
von Andreas Eschbach
Vincent Wayne Merrit, ein US-Amerikaner deutscher Abstammung, wird im Herbst 2000 beauftragt, ein Programm zu schreiben, mit dem man über Wahl-Computer abgegebene Stimmen fälschen könnte. Nur ein Prototyp, heißt es, zu Studienzwecken. Noch ahnt niemand, dass den USA die umstrittensten Präsidentschaftswahlen aller Zeiten bevorstehen. Kommt Vincents Programm zum Einsatz, um George W. Bush an die Macht zu bringen? Vincent weiß es nicht, aber die Hinweise mehren sich ... Acht Jahre später wird Vincent erpresst, noch einmal ein solches Programm zu schreiben. Um sich abzusichern, schickt er alles heikle Material nach Deutschland, zu seinem Vater Simon König. Bloß versteht der nichts von Computern und begreift deshalb erst, als er mit ein paar jungen Computerfreaks und Wahl-Computer-Gegnern zusammenkommt, was das alles bedeutet. Gemeinsam entwickeln sie den Plan, eine Partei zu gründen, damit die Wahlen zu gewinnen und auf diese Weise die Gefährlichkeit von Wahlmaschinen zu entlarven. Und was könnte absurder sein als eine Partei zur Wiedereinführung der Monarchie? Es kommt, wie es kommen muss: Simon König gewinnt. Doch warum den Schwindel aufdecken? Warum nicht wirklich König von Deutschland werden?
Andreas Eschbach: Ein König für Deutschland.
Lübbe, 491 Seiten, 19,99 €.
„Eine kurze Geschichte der Spekulation“
von John Kenneth Galbraith
Der 2006 verstorbene US-amerikanische Ökonom John Kenneth Galbraith war Schriftsteller, Diplomat, Präsidentenberater und bekennender Linksliberaler. In seinen ökonomischen Arbeiten sprach er sich für eine Stärkung des Staates und für eine Förderung der Nachfrage aus. In diesem kleinen amüsanten Leitfaden zum Thema Spekulation zeigt er auf, wie es zu einem Börsencrash kommt und warum dieser unvermeidlich ist. „In Finanzdingen haben wir ein extrem kurzes Gedächtnis“, meint Galbraith. Sobald der letzte Crash vergessen ist, beginne die nächste Spekulationswelle. Galbraith's Analyse zeigt, nach welchen psychologischen Regeln die Finanzmärkte funktionieren und warum sich zahllose Anleger stets aufs Neue von abenteuerlichen Gewinnversprechen blenden und hinters Licht führen lassen. Wer Galbraith gelesen hat, den kann die aktuelle Finanzkrise nicht wirklich überrascht haben.
John Kenneth Galbraith: Eine kurze Geschichte der Spekulation .
Eichborn, 128 Seiten 14,95 €.
„Frevelopfer“
von Arnaldur Indriðason
In „Frevelopfer“ macht Kommissar Erlendur, der in den bisherigen Indridason-Krimis die Ermittlungen leitete, Urlaub in den Ostfjorden, und seine Kollegin Elinborg springt für ihn ein. Sie muss den Mord an einem jungen Mann aufklären, der in einem der im angesagtesten Viertel von Reykjavík mit durchtrennter Kehle aufgefunden wird. Er trägt das T-Shirt einer Frau und in seiner Wohnung wird ein Narkotikum entdeckt – eine Vergewaltigungsdroge. Lange Zeit sieht es so aus, als ob jeder der Mörder sein könnte, doch nach und nach stellt sich heraus, dass Elinborg mit einem Mordfall konfrontiert ist, der mit Taten in Zusammenhang steht, die viele Jahre zurückliegen und nie gesühnt wurden.
Arnaldur Indriðason: Frevelopfer.
Lübbe, 381 Seiten, 18,99 €.
„Gangsterwirtschaft“
von Jürgen Roth
Wie die organisierte Kriminalität Deutschland aufkauft
Nach seinen Erfolgstiteln „Ermitteln verboten!“, „Der Deutschland-Clan“ und „Mafialand Deutschland“ widmet sich Journalist Jürgen Roth diesmal den illegalen Finanzströmen und deren Einfluss auf Wirtschaft und Politik in Deutschland. Im Jahr 2009 wurden nach seriösen Schätzungen mehr als 40 Milliarden kriminell erwirtschaftete Euro in die deutsche Wirtschaft gepumpt – zum Teil in kriselnde Unternehmen gesteckt, zum Teil über korrupte Banker und Anwälte in Aktien und Fonds investiert. Über die Jahre hat dieser Trend immer mehr zugenommen und einen tiefgreifenden Einfluss auf das wirtschaftspolitische Klima gewonnen. Selbst seriöse Unternehmen machen sich die Praktiken der Mafia zu eigen, um die Konkurrenz auszuschalten. Politik und Justiz schauen dabei nicht nur tatenlos zu, sondern schützen und unterstützen die kriminellen Strukturen auf vielfältige Weise. Dabei gab es nie ein geheimes Komplott, das der Kriminalität Tür und Tor geöffnet hatte – ganz im Gegenteil waren es viele kleine Schritte, die in den letzten Jahren dazu führten, dass die Organisierte Kriminalität in Europa und Deutschland Fuß fassen konnte. Solche kleinen Schritte werden hier von Jürgen Roth an vielen brisanten Beispielen aufgezeigt.
Jürgen Roth: Gangsterwirtschaft.
Eichborn, 302 Seiten, 19,95 €.
„Grimm's Wörter“
von Günter Grass
Die Brüder Grimm erhielten 1838 den Auftrag, ein Wörterbuch der deutschen Sprache zu erstellen. In der Annahme, diese Arbeit in wenigen Jahren zu bewältigen, machten sie sich an ihr Werk, zögerlich zunächst, dann voller Eifer, sammelten sie Wörter und trugen Zitate zusammen. Sie erforschten Herkommen und Verwendung, doch schon bald wurde ihnen klar, dass sie die Vollendung ihres Werkes nicht erleben werden. Am Ende ihres Lebens haben Jacob und Wilhelm Grimm nur wenige Buchstaben bewältigt. Grass schreibt nicht nur über das Leben der Brüder Grimm und das Voranschreiten des Werkes, sondern schlägt immer wieder die Brücke zum politischen Klima der damaligen und der heutigen Zeiten. Er spürt dem Reichtum der deutschen Sprache nach und durchstreift die deutsche Geschichte seit den Anfängen der Demokratie. Entstanden ist eine Liebeserklärung an die deutsche Sprache und – scheinbar wie nebenbei – ein Teil der Biographie des Autors.
Günter Grass: Grimm's Wörter.
Steidl, 360 Seiten, 29,80 €.
„Heimaturlaub“
von Joachim Geil
Im Sommer 1944 erhält Panzer-Leutnant Dieter Thomas eine Woche Heimaturlaub. Von der Ostfront, an der der Krieg unerbittlich tobt, geht es in die beschauliche pfälzische Provinz. Der Gegensatz der Schauplätze könnte nicht krasser sein, und ebenso unüberbrückbar sind Wunsch und Wirklichkeit des Leutnant Thomas. In der idyllischen Heimat, in der noch jedermann an den ‚Endsieg‘ glaubt, will Thomas seine Zeit genießen, mit Heidi im Schwimmbad flirten und die Kriegserlebnisse vergessen. Wo immer er auf seine Front-Erfahrungen angesprochen wird, gibt er ausweichende Antworten – schließlich ist er im Urlaub. Doch die Erinnerungen holen ihn ein, besonders die an einen grausamen Vorfall in Russland. Erinnerungen, die schließlich in Mordfantasien gegen Heidi übergehen.
Joachim Geil: Heimaturlaub.
Steidl, 296 Seiten, 19,90 €.
„Höllenengel – Ein Island-Krimi“
von Thrainn Bertelsson
Kurz nachdem in Estland eine Amphetaminfabrik explodiert, werden in einem Sommerhaus in Island drei brutal zugerichtete Leichen gefunden. Der Tatort ist übersät mit rätselhaften Zeichen. Kaum nimmt Kommissar Víkingur die Ermittlungen auf, gibt es einen weiteren Toten: Víkingurs verschwundenen Stiefsohn Magnús. Seine Frau Thórhildur erleidet einen Schock und stirbt wenige Tage später an einer Überdosis Tabletten. Während das Team von der Kripo Reykjavík ohne großen Erfolg im Drogenmilieu fahndet, erweist sich die Website „Wohlverdiente Strafe“ als eine vielversprechende Spur. Sie führt die Polizisten zu Magnús' Freund Karl Viktor, der auf einem abgelegenen Bauernhof lebt ...
Thrainn Bertelsson: Höllenengel – Ein Island-Krimi.
DTV, 368 Seiten, 8,95 €.
„Letzte Nacht in Twisted River“
von John Irving
Der 1942 in New Hampshire geborene John Irving wusste als 19-Jähriger genau, was er wollte: Ringen und Romane schreiben. Bis zum Durchbruch von „Garp“ trainierte er an amerikanischen Universitäten Ringermannschaften und zukünftige Schriftsteller. Seine Romane zeichnen sich durch unwahrscheinliche, oft makabere Begebenheiten aus und gelten als Satiren auf die amerikanische Gesellschaft. Sein neuestes Werk handelt von einem Koch und seinem Sohn auf der Flucht vor einem Verfolger durch halb Amerika, ausgelöst durch eine tragische Verwechslung. In einem Holzfällercamp in den Wäldern von New Hampshire verwechselt der zwölfjährige Danny in der Dunkelheit die Geliebte des Dorfpolizisten mit einem Bären. Da diese Verwechslung tödliche Folgen hat, flieht der Junge mit seinem Vater Dominic, dem Koch des Camps. Zuerst reisen die beiden nach Boston, doch da sie verfolgt werden, geht es weiter nach Vermont und Iowa und schließlich nach Kanada. Der Rächer, der ihrer Spur folgt, wird auch nach Jahrzehnten nicht vergessen. Immer wieder steht Dominic in einer neuen Küche und muss aus fremden Zutaten ein neues Gericht zaubern – und nebenbei eine neue Identität für sich und seinen Sohn.
John Irving: Letzte Nacht in Twisted River.
Diogenes, 730 Seiten, 26,90 €.
„Mental Healing“
von Clemens Kuby
Das Geheimnis der Selbstheilung
Clemens Kuby, Mitgründer der „Grünen“, Dokumentarfilmer und Bestseller-Autor, war nach einem Sturz aus dem Fenster querschnittsgelähmt. Obwohl Ärzte ihm einen unheilbaren Zustand attestierten, konnte Kuby vollständig genesen. Seit dieser Erfahrung widmet er sich dem Phänomen der Selbstheilung, besuchte Heiler aus allen Kulturen, verfasste mehrere Bücher zum Thema und produzierte den Kinofilm „Unterwegs in die nächste Dimension“. In seinem neuen Buch hat er unter dem Begriff „Mental Healing“ die Ergebnisse seiner langjährigen Erfahrungen mit Selbstheilungsprozessen zusammengetragen. Dabei geht es ihm nicht nur darum, Heilung als etwas Alltägliches zu vermitteln, sondern dem Leser auch Techniken vorzustellen, die es ermöglichen, die eigenen Selbstheilungskräfte zu aktivieren und zu nutzen. Kuby geht davon aus, dass der Mensch ein sich selbst heilendes Wesen ist, diese Fähigkeit aber teilweise verloren hat, weil wir verlernt haben, unsere intuitiven Kräfte zu nutzen. So sind seine hier vorgestellten Techniken in erster Linie als Intuitionsschulung zu verstehen. Kuby's Erläuterungen und nicht zuletzt die dokumentierten Erfolgsgeschichten regen dazu an, das Thema Heilung aus einem völlig neuen Blickwinkel zu betrachten.
Clemens Kuby: Mental Healing.
Kösel, 384 Seiten, 19,99 €.
„Oktoberfest“
von Christoph Scholder
Weiß-blau erstreckt sich der Himmel über München, tausende Besucher strömen auf das größte Volksfest der Welt, ausgelassen tanzen die Leute in den riesigen Zelten. Exakt vier Minuten vor sechs ist es, als der Horror beginnt: ein Giftgasanschlag lässt den Lärm in einem der Zelte innerhalb von Sekunden verstummen. Doch 2.000 Tote sind erst der Anfang. Ein Terrorkommando, hervorragend ausgerüstet und offensichtlich mit militärischen Erfahrungen, hat alle Bierzelte mit Giftgasleitungen versehen. 70.000 Besucher sind als Geiseln genommen, die Sicherheitskräfte mit der Situation vollkommen überfordert. Trotz des Kompetenzgerangels zwischen einzelnen Institutionen und Führungskräften, wird ein Mann gefunden, dessen Fähigkeiten die Lage retten könnte. In atemberaubenden Tempo wird der Leser an die verschiedensten Schauplätzen von Moskau bis Mauritius geführt, um erst ganz am Schluss die wahren Hintergründe zur Geiselnahme zu erfahren.
Christoph Scholder: Oktoberfest.
Droemer, 603 Seiten, 19,95 €.
„Schwedische Hochzeitsnacht“
von Stig Dagerman
Dies ist der letzte Roman des schwedische Autors Stig Dagerman, der sich nach einer ungewöhnlichen Schaffensperiode von wenigen Jahren 1954 selbst das Leben nahm. Früh von den Eltern getrennt wuchs Dagerman in schwierigen Verhältnissen auf. Seine Romane sind eine Abrechnung mit der dunklen Seite der schwedischen Gesellschaft, eine Thematik, die in „Schwedische Hochzeitsnacht“ zweifellos ihren Höhepunkt findet. Dagerman schildert die Hochzeit des Schlachtermeisters Westlund mit Hildur Palm. Doch statt ländlicher Idylle beherrscht ein grausames Geflecht boshafter Charaktere das Bild – Menschen, die einander in Hass, Habsucht, Neid und sexueller Gier verbunden sind. Die Vorbereitungen zum Fest eskalieren in einer grotesk geschilderten Nacht voll Gewalt und Alkohol. Der Autor erzählt von der Bosheit und Niedertracht einer Dorfgemeinschaft, die ihm selbst von Geburt an bekannt war.
Stig Dagerman: Schwedische Hochzeitsnacht.
Eichborn, 288 Seiten, 32,00 €.
„Septagon“
von Richard Montanari
Sie war nur eine Ausreißerin, doch nun ist sie ein Fall für die Mordkommission: In einer heruntergekommenen Gegend Philadelphias wird die Leiche des Mädchens entdeckt. Im Keller eines verwahrlosten Appartments, ohne Wasseranschlüsse – ertrunken.
Ein mysteriöser Hinweis führt Kevin Byrne und Jessica Balzano, Sonderermittler der Polizei von Philadelphia, zu einer exzentrischen älteren Dame, die sie in die Kunst des Tangrams, eines Legespiels aus geometrischen Formen, einführt. Kurz darauf nimmt sie sich das Leben und hinterlässt eine weitere geheimnisvolle Botschaft.
Als sich die rätselhaften Morde häufen, fügt sich allmählich ein grausiges Puzzle zusammen. Den Detectives wird klar, dass hier ein Serien-Killer am Werk ist, der die ganze Stadt als Spielbrett nutzt. Seine Spielzeuge sind Unschuldige, seine Gegner – und Spielfiguren – sind Byrne und Balzano. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt ...
Richard Montanari: Septagon.
Lübbe, 461 Seiten, 19,95 €.
„Sommerlügen“
von Bernhard Schlink
Bernhard Schlink, ursprünglich Jurist, ist als Autor inzwischen weltberühmt geworden. Seine bekanntesten Romane wurden verfilmt, „Der Vorleser“ in 45 Sprachen übersetzt. „Sommerlügen“ ist eine Sammlung sieben bewegender Geschichten, die alle um das gleiche Thema kreisen: wo leben wir wirklich das Leben, das wir nach außen darstellen, und wann beginnen wir, uns etwas vorzumachen? Eine Frau gesteht sich ein, dass sie ihre Kinder nicht mehr liebt, erkennt, dass nichts mehr einen Sinn macht, von dem, was ihr Leben bisher bestimmte. Sie macht sich auf die Suche, trifft ihre erste große Liebe wieder und will herausfinden, ob sie damals die falsche Entscheidung getroffen hat. Wir treffen auf einen Sohn, der mit seinem Vater eine Reise unternimmt, weil er herausfinden will, wer dieser wirklich ist. Ein Mann hört sich auf einem Flug die Lebensbeichte seines fremden Sitznachbarn an und kann zwischen Lüge und Wirklichkeit nicht unterscheiden. Ein anderer belügt seine Geliebte wieder und immer wieder und verliert sich selbst in seinen Ausflüchten. In allen diesen Erzählungen werden Lügen aufgedeckt und doch bleibt die Frage stehen: Ist das Leben ohne Lebenslügen überhaupt zu bewältigen?
Bernhard Schlink: Sommerlügen.
Diogenes, 288 Seiten, 19,90 €.
„Sturz der Titanen“
von Ken Follett
Erfolgsautor Ken Follett hat weltweit mehr als 100 Millionen Bücher verkauft. Auf seinen neuen Roman mussten die Fans drei Jahre warten, und das aus gutem Grund. Follett's neues Werk ist der Auftakt zu einer dreibändigen Jahrhundert-Saga, die von der Geschichte dreier Familien in drei Ländern handelt und sich über drei Generationen erstreckt. Die Handlung beginnt im Vorfeld des Ersten Weltkrieges, als sich tiefgreifende Umwälzungen für Europa ankündigen und soll im dritten Band mit dem Fall der Mauer enden. Dazwischen verweben sich die Schicksale der Mitglieder dreier Familien immer wieder aus Neue: die deutsch-österreichische Aristokratenfamilie, auseinandergerissen unter den politischen Spannungen, eine Familie aus England mit Angehörigen sowohl in der Arbeiterschicht als auch im Adel und dazwischen die zwei Brüder aus Russland, die sich in den Wirren der Revolution plötzlich auf verschiedenen Seiten gegenüberstehen. Follett versteht es, die Dramatik der politischen Entwicklungen in Europa nachzuzeichnen und aus der Sicht von Einzelschicksalen wiederaufleben zu lassen.
Ken Follett: Sturz der Titanen.
Lübbe, 1024 Seiten, 28,80 €.
„Süße Fische aus Seen und Flüssen –
Die besten Rezepte von Aal bis Zander“
von Toni Mörwald
Der österreichische Star-Koch Toni Mörwald ist Autor zahlreicher Kochbücher und -sendungen und betreibt ein Restaurant- und Catering-Unternehmen, das aus mehr als einem Dutzend Restaurants besteht und Gourmets aus aller Welt anzieht. In diesem Band hat Mörwald seine besten Rezepte für Süßwasserfische zusammengestellt. Lange Zeit von der Küche vernachlässigt, gibt es derzeit einen Trend zu regionalen Produkten und insbesondere zu heimischen Süßwasserfischen. Denn Fische aus Seen, Teichen, Flüssen und Bächen sind eine gesunde Delikatesse, cholesterinarm und mit einem hohen Anteil an Omega-3-Fettsäuren. Ob Krebs-Coctail mit Kaviar-Ei, Hechtnockerln mit Dillsauce oder Wildsaibling in der Salzkruste – alle hier vorgestellten Gerichte lassen sich problemlos am heimischen Herd umsetzen. In Wort und Bild zeigt Mörwald, wie Schuppen, Beizen und Filetieren funktionieren, erklärt Blaukochen, Dünsten und Grillen und verrät das Geheimnis des perfekten Fischfonds. In Norddeutschland dürfte es schwierig werden, einige der verwendeten Fische zu einem halbwegs vernünftigen Preis zu erstehen. In den meisten Fällen können diese allerdings leicht durch heimische Sorten ersetzt werden.
Toni Mörwald: Süße Fische aus Seen und Flüssen –
Die besten Rezepte von Aal bis Zander.
Residenz Verlag, 320 Seiten, 34,90 €.
„Todesbraut“
von Sandra Lüpkes
Die attraktive Shirin Talabani wird ermordet aufgefunden – entkleidet und mit unübersehbaren Würgemalen. Die näheren Umstände lassen auf einen Ehrenmord schließen, als Täter wird Shirins Bruder Armanc verdächtigt. Da die junge Kurdin der Familie Schande bereitet hatte, versuchte er bereits einmal, sie umzubringen. Doch Wencke Tydmers, Profilerin beim „LKA“ in Hannover, hat von Anfang an Zweifel an dieser Version des Tathergangs. Ihr Gefühl sagt ihr, dass es hier nicht um einen Ehrenmord geht, und sie stürzt sich gegen alle Dienstvorschriften in die Ermittlungen. Als sie merkt, dass sie beschattet wird, ist es bereits zu spät: ihr kleiner Sohn Emil wird entführt. Die Spuren führen Wencke Tydmers nach Istanbul in eine andere Kultur mit tief verwurzelten Traditionen und fremd anmutenden Bräuchen.
Sandra Lüpkes: Todesbraut.
DTV, 340 Seiten, 13,90 €.
„Verheimlicht – vertuscht – vergessen“
von Gerhard Wisnewski
Was 2009 nicht in der Zeitung stand
Auch in diesem Jahr veröffentlicht der bekannte Journalist Gerhard Wisnewski wieder seinen kritischen Jahresrückblick. Auch 2009 gab es jede Menge ungeklärter Fragen, denen die Nachrichtenmedien auffallend bereitwillig aus dem Weg gegangen sind. Wie starb die iranische Studentin Neda? Was steckt hinter der „Schweinegrippe“? Was hat es mit dem Bilderberger-Konferenz auf sich? Souverän führt Enthüllungsjournalist Wisnewski durch die Ungereimtheiten und offenen Fragen des Jahres 2009 und zeigt Zusammenhänge auf, die in den regulären Nachrichten nicht zu finden sind. Dabei beruft er sich nicht auf Hörensagen oder Mutmaßungen, sondern auf gesicherte Quellen, handfeste eigene Recherche und akribische Detailarbeit.
Gerhard Wisnewski: Verheimlicht – vertuscht – vergessen.
Knaur, 303 Seiten, 6,95 €.
„Von Null auf Papa“
von Marc Schürmann
Plötzlich Papa
„Ich bin ein verantwortungsbewusster Mensch. Trotzdem dachte ich am 12. Februar 2006 gar nichts, und so machte ich mit einer Frau, die ich 38 Stunden zuvor zum ersten Mal geküsst hatte, ein Kind.“ Was nach Katastrophe klingt, erweist sich als Beginn einer glücklichen Beziehung. Beide wagen viel. Marc Schürmann schreibt über diesen Wandel in seinem Leben, über sein Singledasein und sein plötzliches Vaterwerden, über Bedenken und glückhafte Erfahrungen. Mittlerweile ist übrigens das zweite Kind da.en.
Marc Schürmann: Von Null auf Papa.
DTV, 155 Seiten, 8,95 €.
„Warum Männer immer Sex wollen
und Frauen von der Liebe träumen“
von Allan und Barbara Pease
Die Kommunikations-Trainer Allan und Barbara Pease hatten ihren Bestseller „Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken“ dem Thema zwischenmenschliche Beziehungen gewidmet. Ihr neues Buch behandelt die häufig gegensätzlichen Erwartungen von Männern und Frauen an Liebe und Sexualität. Nirgendwo ist der Unterschied zwischen den Geschlechtern so groß wie beim Sex und in der Liebe, meinen die Autoren, und versuchen aufzuzeigen, wie man dennoch miteinander glücklich werden kann. Auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse erklären sie, woran genau man erkennt, dass man zueinander passt, warum Frauen oft lieber Schokolade mögen als Sex, warum Sex gut für die Gesundheit ist und vieles andere mehr.
Allan und Barbara Pease: Warum Männer immer Sex wollen
und Frauen von der Liebe träumen.
Ullstein, 336 Seiten, 18,00 €.
„Was zu bezweifeln war“
von Hans-Dieter Radecke und Lorenz Teufel
Die Lüge von der objektiven Wissenschaft
Der Physiker Hans-Dieter Radecke und der Journalist Lorenz Teufel befassen sich mit der Geschichte, der Methodik und den Irrtümern der Wissenschaft und zeigen anhand vieler anschaulicher Beispiele, dass auch Wissenschaftler keine letztgültigen Wahrheiten und Beweise liefern können. Wo immer wir nach der Wahrheit suchen, basieren unsere Vorannahmen auf unbewiesenen Theorien. So kommt der Glaube, den die Wissenschaft aus der objektiven Welt vertreiben wollte, durch die Hintertür immer ins Spiel. Wo liegen die Grenzen unserer Erkenntnis? Stehen wir im Zentrum der Zeit? Hat die Evolution ein Ziel und ist der Urknall nur eine unbeweisbare Hypothese? In einer Reise durch die Geschichte der menschlichen Erkenntnis finden die Autoren überraschende Antworten. Am Ende erweist sich der wissenschaftliche Wahrheitsanspruch als ebenso unhaltbar wie die Vorstellung einer von uns unabhängigen Welt.
Hans-Dieter Radecke / Lorenz Teufel: Was zu bezweifeln war.
Droemer, 384 Seiten, 19,90 €.
„Wer dem Glück hinterherrennt, läuft daran vorbei“
von Russ Harris
In weiten Kreisen der psychotherapeutischen Szene ist die Idee verbreitet, dass man sein Schicksal kraft positiver Gedanken selbst in der Hand hätte. Der Arzt, Coach und Psychotherapeut Dr. Russ Harris leitet weltweit Ausbildungen für Psychologen und Therapeuten und vermittelt den gegenteiligen Ansatz. Da Techniken wie Positives Denken wenig bewirken und schnell dazu führen, an den eigenen Fähigkeiten zu zweifeln, entwickelte Dr. Harris die Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT). Die leicht erlernbaren Techniken dieser Therapieform ermöglichen dem Praktizierenden vor allem, eigene Schwächen und vermeintliche Fehler anzunehmen. Änderungen in der Lebenshaltung und -führung treten dann oft fast von selbst ein. Die hier beschriebenen Methoden wurden in verschiedenen wissenschaftlichen Studien untersucht und und deren Wirksamkeit bewiesen. Das Ergebnis: erst wenn Sorgen und Stress nicht mehr bekämpft werden müssen, können wir beginnen, ein tief erfülltes Leben zu führen.
Russ Harris: Wer dem Glück hinterherrennt, läuft daran vorbei.
Kösel, 320 Seiten, 19,95 €.
Geändert: 09 / 2020