BUCHBESPRECHUNGEN
im Jahr 2007
(Abb.: N. N.)
Rezensionen von Martin Banger
„1.001 Bücher, die Sie lesen sollten,
bevor das Leben vorbei ist“
von Peter Boxall
„1.001 Bücher“ lädt zum Stöbern ein und bietet einen roten Faden durch die Weltliteratur. Vorgestellt werden Bücher, die von Lesern und Kritikern weltweit zu Kult-Romanen erhoben wurden. Die Auswahl traf ein internationales Team, bestehend aus 157 Schriftstellern, Literatur-Wissenschaftlern und Journalisten. Sie haben literarische Klassiker entstaubt, vergessene Kostbarkeiten wiederentdeckt und die zeitgenössische Literatur nach dem Lesenswertesten durchforstet. Von den Fabeln Äsops bis zu den Werken Émile Zolas bietet dieses Leselexikon prägnante Zusammenfassungen der ausgewählten Werke, Autorenporträts, Zitate und spannende Hintergrund-Informationen. Ein ideales Buch für alle, die gerne lesen.
Peter Boxall: 1001 Bücher, die Sie lesen sollten, bevor das Leben vorbei ist.
Edition Olms, 960 Seiten, 29,95 €.
„An der schönen blauen Donau“
von Ludwig Bemelmans
Als dieser Roman 1945 in New York erschien, erregte er sofort einiges Aufsehen. Sein Verfasser, der 30 Jahre zuvor von Deutschland nach Amerika ausgewandert war, erzählt vom Alltag des Terrors in der deutschen Provinz. Der Roman spielt 1944 und beginnt in einem Biergarten an der Donau. Die Anwesenden beobachten ein Schwein, das mitten im Fluss auf einem Floß dahintreibt und schließlich auf einer Insel landet, die von den Fischers bewohnt wird, die hier den Regensburger Rettich anbauen. Die Insel ist „ein Stachel im Fleisch des Finanzamts“, weil sie nirgends registriert ist, offiziell gar nicht existiert. Vor allem aber erweisen sich die Inselbewohner nicht nur als eigensinnig, sondern auch als renitent gegenüber der Nazi-Herrschaft. Bemelmans beschreibt von New York aus das Leben in Regensburg unter dem Hakenkreuz, die Banalität des Bösen und zugleich das Grauen in der Idylle des Biergartens.
Ludwig Bemelmans: An der schönen blauen Donau.
Insel Verlag, 172 Seiten, 17,80 €.
„Anklage: Kindesmord“
von Angela Cannings und Megan Lloyd Davies
Eine Mutter kämpft gegen einen ungeheuerlichen Vorwurf
Kurz nachdem Angela Cannings und ihr Mann Terry 1999 ihr drittes Baby in zehn Jahren durch plötzlichen Kindstod verloren haben, geschieht das Ungeheuerliche: Die Britin wird des Mordes an ihren Söhnen beschuldigt. Aufgrund eines zweifelhaften Gutachtens des früheren Kinderarztes wird Angela Cannings, die verzweifelt ihre Unschuld beteuert, strafrechtlich verfolgt und im April 2002 zu lebenslanger Haft verurteilt. Unermüdlich kämpft sie zusammen mit ihrem Mann um eine Wiederaufnahme des Verfahrens und wird 2004, nach zwei langen Jahren im Gefängnis, freigesprochen. Mit ihrer bewegenden Geschichte plädiert sie für die Wichtigkeit der Unschuldsvermutung in Justizsystem.
Angela Cannings / Megan Lloyd Davies: Anklage: Kindesmord.
Heyne, 400 Seiten, 8,95 €.
„Ausgebrannt“
von Andreas Eschbach
Das Ölzeitalter wird nicht erst mit dem letzten Barrel enden. Es endet, sobald mehr verbraucht wird, als gefördert werden kann. Und dieser Moment ist näher, als die meisten Menschen ahnen. Das eigentliche Problem daran ist, dass es keinen realistischen Plan für die Zeit danach gibt. Markus Westermann weiß von all dem nichts, als er endlich mit seiner Karriere durchstarten will. Als er Karl Walter Block kennenlernt, sieht er seine Chance gekommen. Der alte Öltechniker behauptet, dass in den Tiefen der Erde noch genug Öl für die nächsten tausend Jahre schlummert – und dass nur er die Methode kennt, wie man es findet. Als in Saudi-Arabien das größte Ölfeld der Welt versiegt und die Saudis alles daransetzen, die erschreckende Wahrheit zu vertuschen, kommt es nicht nur im Nahen Osten zu Unruhen. Die Menschheit steht plötzlich vor ihrer größten Herausforderung. Doch Markus Westermann ist überzeugt, das Ruder herumreißen zu können ...
Andreas Eschbach: Ausgebrannt.
Lübbe, 750 Seiten, 19,95 €.
„Blätter von Bäumen“
von Susanne Fischer-Rizzi
Heilkraft und Mythos einheimischer Bäume
Der Baum ist eines der ältesten Symbole des Menschen und als Lebensbaum in allen Kulturen zu finden. Genauso alt ist das Wissen um die Heilkraft der Bäume, aus dessen Wurzeln, Harz, Trieben und Blättern Heilmittel hergestellt werden. Susanne Fischer-Rizzi hat Geschichten, Sagen, Mythen, Lieder und Bräuche gesammelt, die zum Teil Jahrtausende alt sind und – in Form von Christbaum, Palmweihe, Maibaum und Richtfest – noch bis in die heutige Zeit hinüberklingen. In diesem Buch präsentiert sie viel Wissenswertes aus Mythologie, Botanik und Brauchtum im Zusammenhang mit unseren heimischen Bäumen. Aus ihrer langjährigen Erfahrung in der Pflanzenheilkunde hat sie jedem Baum ein Kapitel über seine Heilwirkungen hinzugefügt, mit erprobten Rezepten zum Selbermachen von Tees, Salben und Tinkturen.
Susanne Fischer-Rizzi: Blätter von Bäumen.
AT-Verlag, 180 Seiten, 22,90 €.
„Blutpreis“
von Jon Evans
Als Paul mit seiner Freundin Talena 2003 nach Sarajewo fliegt, um Talena's Schwester Saskia zu besuchen, finden sie eine verängstigte Frau vor, die von ihrem Mann seit Jahren brutal misshandelt wird. Talena ist klar, dass sie ohne ihre Schwester nicht wieder abreisen wird. Da für Saskia eine legale Ausreise unmöglich ist, bleibt nur der Weg über Menschenhändler. So geraten sie an Sinisa, der anbietet, Saskia umsonst nach Amerika zu bringen. Als Gegenleistung fordert er Paul's Dienste als Programmierer. Zunächst scheint alles scheint gut zu laufen, doch nach und nach tun sich um Sinisa ungeahnte Abgründe auf: Er hat zahlreiche Menschen auf dem Gewissen und ist in eine finstere Sache verwickelt, deren Ausmaße Paul nicht erahnen kann. Eine gefährliche Reise über den halben Globus beginnt ...
Jon Evans: Blutpreis.
DTV, 475 Seiten, 14,50 €.
„Bombay – Maximum City“
von Suketu Mehta
Mit über 14 Millionen Einwohnern ist Bombay die inzwischen größte Stadt der Welt; bald werden mehr Menschen in ihr leben als auf dem gesamten australischen Kontinent. Der preisgekrönte Autor Suketu Mehta, der nach 21 Jahren in die Stadt seiner Kindheit und Jugend zurückkehrt, beschreibt sie uns mit seinen Augen; taucht ein in die kriminelle Unterwelt, in der sich muslimische und Hindugangs schwere Gefechte im Streit um die politische und wirtschaftliche Herrschaft liefern; spricht mit Straßenkindern, die zu Profi-Killern ausgebildet werden, und Polizisten, die diese Kinder foltern und töten; er öffnet die Türen zu „Bollywood“, interviewt Filmproduzenten und Bar-Tänzerinnen, die von einer Schauspiel-Karriere träumen, um den Slums zu entkommen, und zahllose Menschen, die täglich aus den Dörfern in die Stadt ziehen und statt Arbeit nur Elend finden. Sprachlich brillant verknüpft Suketu Mehta die einzelnen Geschichten und Bilder zu einem großen Ganzen, das so faszinierend wie abgründig ist, so abschreckend wie sinnlich und reich.
Suketu Mehta: Bombay – Maximum City.
Suhrkamp, 781 Seiten, 26,80 €.
„City of Light“
von Philip Steele
Die letzten Tage von Jim Morrison
Sein Leben als großer Rock-Poet und charismatischer Sänger der Doors ist unvergessen, doch Jim Morrison's letzte Tage in Paris im Jahre 1971 sind kaum dokumentiert. Der damals noch unbekannte Rock-Musiker Philip Steele traf Jim Morrison kurz vor seinem Tod in einem Pariser Straßen-Café. Morrison suchte in der französischen Hauptstadt Abstand vom Leben als Rock-Star und neue Inspiration. Die beiden Musiker trafen sich noch viele Male. In seinem bewegenden Roman schildert Steel den tragischen Niedergang des einst gefeierten Helden bis zu dessen mythen-umwobenem Tod.
Philip Steele: City of Light. Heyne, 480 Seiten, 8,95 €.
„Das heilende Bewusstsein –
Wunder und Hoffnung an den Grenzen der Medizin“
von Joachim Faulstich
Die moderne Medizin kann sich mit der Macht des Bewusstseins nur schwer abfinden. Die Vertreter einer mechanistischen Medizin liegen mit jenen Ärzten im Streit, die sich in das unerforschte Grenzgebiet von Körper und Seele wagen. Joachim Faulstich nimmt den Leser mit auf eine Reise durch die Kontinente und die Zeit – von den Heilungszeremonien der Indianer im Amazonas-Gebiet über die Traumtempel des antiken Griechenlands bis in die Labors der Hirnforscher – und zeigt, wie sich Glaube und Hoffnung als verborgene Macht der Selbstheilung offenbaren. In der Begegnung mit Ärzten, Heilern und Schamanen und ihren Patienten entsteht ein neues und zugleich altes Bild der Wirklichkeit: Der Geist kann Wunder wirken, aber Wunder geschehen nicht im Gegensatz zur Natur, sondern im Gegensatz zu dem, was wir von der Natur wissen. Joachim Faulstich ist Autor und Regisseur wissenschaftlicher Fernsehdokumentationen und hat für seine Arbeit zahlreiche nationale und internationale Preise erhalten.
Das heilende Bewusstsein –
Wunder und Hoffnung an den Grenzen der Medizin.
Knaur, 336 Seiten, 17,90 €.
„Das Teubner-Handbuch Käse“
von Christian Teubner
Käse ist ein Lebensmittel mit vielen, sehr unterschiedlichen Sorten und ebenso vielen Verwendungsmöglichkeiten. Teubner's „Handbuch Käse“ vermittelt alles Wissenswerte zum Thema: der Warenkunde-Teil gibt Einblick in die Geschichte des Käses und die Grundlagen der Käse-Herstellung sowie einen umfassenden Überblick über die verschiedensten Käsesorten der Welt. Mehr als 280 Käsesorten – von Appenzeller bis Zamorano – werden in Bild und Text vorgestellt, die Unterschiede zwischen den einzelnen Arten und ihre Herstellung erläutert. Der Rezeptteil enthält über 100 bewährte und ausgefallene Rezepte, außerdem Tipps zur Kombination von Käse und Wein und zum Zusammenstellen von Käseplatten.
Christian Teubner: Das Teubner-Handbuch Käse.
Teubner, 416 Seiten, 25,00 €.
„Das wahre Kreuz“
von Jörg Kastner
Als Napoleon 1798 Kairo erobert, wird er von einer Gruppe von Wissenschaftlern begleitet. Unter ihnen befindet sich der junge Zeichner Bastien Topart, der in einem Wüstentempel eine furchterregende Entdeckung macht. Er wird Zeuge einer unheimlichen Zeremonie, bei der Männer in mittelalterlichen Ritterkostümen eine junge Frau opfern wollen. Den Forschern gelingt es, das Leben der Fremden zu retten, und beim Verlassen des Tempels findet Bastien ein mysteriöses Schwert: Es scheint im Nahen Osten gefertigt worden zu sein, trägt jedoch Zeichen der abendländischen Kultur – auf dem Griff sind Kreuze eingraviert. Nachdem Bastien nach Kairo zurückkehrt, scheint überall Gefahr auf ihn zu lauern ...
Jörg Kastner: Das wahre Kreuz.
Knaur, 432 Seiten, 18,90 €.
„Der 50/50-Killer“
von Steve Mosby
John Mercer, ein altgedienter Detective, gerät in die Fallstricke eines perfiden Serienkillers. Der unbekannte „50/50-Killer“ hat es auf junge Paare abgesehen. Eiskalt quält und manipuliert er sie eine Nacht lang, um die Liebe zwischen ihnen zu zerstören. Nur wer den anderen verrät, wird die Nacht überleben. Als die Polizei einen verstörten jungen Mann aufgreift, der Folterspuren aufweist und unverständliches Zeug über seine Flucht aus dem Wald redet, ist Detective Mercer klar, dass ihm die Zeit davonläuft. Offensichtlich hat der Killer neue Opfer gefunden, und durch sein Verschwinden hat der Mann seine Freundin dem Tod geweiht. Ein unerbittlicher Wettlauf auf Leben und Tod beginnt, den Mercer nur gewinnen kann, wenn er ein altes Trauma überwindet.
Steve Mosby: Der 50/50-Killer.
Knaur, 492 Seiten, 19,90 €.
„Der Türke – das Original“
von Ihsan Acar
Wir leben nebeneinander, wir arbeiten miteinander, wir gehen gerne in türkische Lokale – aber wissen wir, was Türken wirklich bewegt? Was sie denken, was sie fühlen, was ihnen wichtig ist? Etwa der Sonntag, in der Türkei zweifelsohne der schönste Wochentag. Aber hierzulande? Die Geschäfte geschlossen, die Straßen wie leergefegt. Einfach öde! Wo bleibt da die Geselligkeit, die Lust am Diskutieren? Ihsan Acar schildert so liebe- wie humorvoll, was passiert, wenn ‚Deutschländer‘ Urlaub in der alten Heimat machen, warum junge Türken stundenlang mit dem Auto scheinbar ziellos durch die Gegend fahren, wieso Grillen zum Lebensgefühl gehört, wie Ehen arrangiert werden oder auch nicht, und warum Istanbul die schönste Stadt der Welt ist.
Ihsan Acar: Der Türke – das Original.
DTV, 112 Seiten, 7,90 €.
„Die dunkle Wahrheit des Mondes“
von Andrea Camilleri
Commissario Montalbano sieht sich mit einem rätselhaften Mordfall konfrontiert: Pardo wurde von einem Stirnschuss getötet und in obszöner Position in seiner Wohnung aufgefunden. Alles deutet auf ein Verbrechen aus Leidenschaft hin, denn Frauen, das findet Montalbano schnell heraus, gab es genügend in Pardo's Leben. Seine Schwester zum Beispiel, die ätherische Michela, mit der ihn offensichtlich ein inniges Verhältnis verband, oder die schöne Elena, eine der letzten Geliebten Pardos. Doch auch wenn die beiden Frauen alles daran setzen, Montalbano die Sinne zu verwirren, verliert dieser nie den Blick für all jene unscheinbar wirkenden Details, die ihn schließlich einer folgenreichen Tragödie auf die Spur kommen lassen ...
Andrea Camilleri: Die dunkle Wahrheit des Mondes.
Lübbe, 269 Seiten, 19,95 €.
„Die ethnische Säuberung Palästinas“
von Ilan Pappe
Der israelische Historiker Ilan Pappe zeigt in seiner erschütternden Dokumentation, wie es der Führung des gerade gegründeten Staates Israel gelang, die arabische Bevölkerung zu vertreiben und eigene Greueltaten zu legitimieren. Zwei Monate vor dem Ende der britischen Verwaltung Palästinas im März 1948 verabredeten zionistische Politiker und Militärführer einen Plan zur Vertreibung der arabischen Bevölkerung: „Plan Dalet“. Das Land – nur zu elf Prozent im Besitz jüdischer Einwanderer, die nicht einmal ein Drittel der Einwohner stellten – sollte freigemacht werden für eine endgültige jüdische Besiedelung. Es kam zu Angriffen auf palästinensische Dörfer und Stadtviertel und zu Massakern, bei denen unterschiedslos auf Männer und Frauen, Greise und Kinder geschossen, bei denen vergewaltigt und geplündert wurde. Nach der Unabhängigkeit Israels wurden 800.000 Palästinenser zur Flucht gezwungen, ihre Häuser dem Erdboden gleichgemacht und die Ruinen vermint, damit die Vertriebenen nicht zurückkehren konnten. Anhand von Augenzeugenberichten, Tagebuch-Auszügen und Dokumenten aus Militärarchiven, die bis vor kurzem unter Verschluss gehalten wurden, zeichnet Pappe ein Bild der Ereignisse zwischen 1947 und 1948, das der offiziellen Geschichtsdarstellung und dem Gründungsmythos Israels in entscheidenden Punkten widerspricht.
Ilan Pappe: Die ethnische Säuberung Palästinas.
Zweitausendeins, 413 Seiten, 22,00 €.
„Die Geschichte des Blues“
von Bill Wyman
Der Blues ist mehr als nur eine Musikrichtung: Er ist eine Lebenseinstellung. Hinter seiner scheinbar simplen musikalischen Struktur verbirgt er die Tiefe und den Gehalt der Songs, die nicht nur Kummer, sondern auch Lebensfreude ausdrücken. Moderner Pop und Rock sind ohne die verwandtschaftliche Nähe zum Blues nicht zu verstehen. Anfang 1963 „waren wir noch lange nicht ‚the greatest Rock ’n’ Roll-Band in the World‘, aber wir waren eine Blues-Band“, erinnert sich Bill Wyman, Ex-Bassist der Rolling Stones. Aus seinem riesigen Privatarchiv hat Wyman eine große, mit vielen seltenen oder bislang unveröffentlichten Fotos illustrierte Geschichte des Blues zusammengestellt. Mit großer Sachkenntnis gibt er einen authentischen Einblick in die Anfänge des Blues und stellt 38 legendäre Musiker und deren wichtigsten Aufnahmen vor.
Bill Wyman: Die Geschichte des Blues.
Zweitausendeins, 400 Seiten, über 700 Fotos, 14,95 €.
„Die Schattenuhr“
von Alfred Komarek
Der ehemalige Chef-Redakteur Daniel Käfer will die Sommerfrische im Salzkammergut gerade verlassen, um sich in Wien wieder ernsthaft dem Berufsleben zu widmen. Da begegnet ihm der Bergler Bernd Gamsjäger. Und der erzählt Geschichten von Hallstatt und dem Salzbergwerk, die Daniel Käfer schon bald mehr fesseln als jede Story aus der Stadt. Was hat es mit dem Mann im Salz auf sich? Ist er eine Art „Hallstätter Ötzi“? Ein sagenhafter archäologischer Fund wäre nicht nur eine touristische Sensation, sondern auch genau der journalistische Coup, der Käfer wieder ins Geschäft bringen könnte ... Archäologische Abenteuer, Männerrituale und Frauen, die beschädigte Helden pflegen, halten Daniel Käfer in Atem. Für langweiligen Alltag bleibt später noch Zeit genug ...
Alfred Komarek: Die Schattenuhr.
Diogenes, 273 Seiten, 9,90 €.
„Die unfreiwilligen Reisen des Putti Eichelbaum“
von Bernt Engelmann
Putti Eichelbaum's Vater war vor 1933 einer der bekanntesten Rechtsanwälte Berlins. Weil er Jude war, flüchtete mit seiner Familie vor den Nazis über die Schweiz, Italien, die Bahamas und Kuba in die USA. Putti wuchs auf der Flucht auf – er machte eine Schusterlehre, lernte unterwegs Englisch, Französisch, Italienisch und Spanisch. Nach dem Eintritt der USA in den Krieg wurde er Soldat der US-Armee, nahm an der Landung in der Normandie teil, wurde als Kriegsheld ausgezeichnet und marschierte schließlich wieder in die Stadt ein, aus der er zwölf Jahre zuvor vertrieben worden war. Ein deutsch-jüdisches Emigrantenschicksal, das bei aller Dramatik und Tragik keine traurige Geschichte ist. Putti Eichelbaums abenteuerliche Odyssee liest sich wie ein moderner Schelmen-Roman, und doch ist nichts erfunden: Bernt Engelmann hat sie nach dem Bericht seines Jugendfreundes aufgezeichnet.
Bernt Engelmann: Die unfreiwilligen Reisen des Putti Eichelbaum.
Steidl, 320 Seiten, 8,50 €.
„Die Welt ist flach“
von Thomas L. Friedman
Eine kurze Geschichte des 21. Jahrhunderts
Im Zeitalter der Globalisierung werden jährlich hunderttausende amerikanische Steuererklärungen in Indien erstellt. US-Radiologen schicken kurz vor Feierabend CT-Aufnahmen nach Australien, um die fertige Auswertung am nächsten Morgen aus dem elektronischen Postfach zu nehmen, und die Reservierung im Restaurant wird vielleicht vom Callcenter in Istanbul abgewickelt. Thomas L. Friedman, Kolumnist der „New York Times“ und renommierter Autor zum Thema Globalisierung, zeigt, das schon lange nicht mehr nur Turnschuhe und T-Shirts produziert werden, wo es am billigsten ist, sondern auch geistige Dienstleistungen dorthin abwandern, wo sie am wenigsten kosten. Oft ist es günstiger und schneller, Informationen einmal um die halbe Welt zu senden als einen Stapel Papiere ins Büro nebenan zu tragen. Friedman folgt den Datenströmen und untersucht, wie sie die Existenz von Managern und Mittelständlern, von chinesischen Studenten und Hausfrauen in Utah entscheidend verändern. Sein fesselndes Buch dokumentiert Veränderungen, die uns alle betreffen, egal, wo wir leben und was wir tun.
Thomas L. Friedman: Die Welt ist flach.
Suhrkamp, 720 Seiten, 26,80 €.
„Flucht zum Mars“
von Herbert W. Franke
Herbert W. Franke, der in diesem Jahr 80 wird, studierte Physik, Mathematik, Chemie, Psychologie und Philosophie. Er promovierte an der Universität Wien mit einem Thema aus der theoretischen Physik zum Doktor der Philosophie. 1957 begann er seine Karriere als freier Schriftsteller und er gehört heute zu den bekanntesten Science Fiction-Autoren Europas. Sein neuester Roman handelt von einer achtköpfigen Gruppe, die im 23. Jahrhundert zu einem Erlebnisspiel auf den Mars fliegt. Die Aufgaben, die bewältigt werden sollen, wirken realistisch und gefährlich, und alle Mitglieder gehen von einer Simulation aus. Doch als sich herausstellt, dass überhaupt kein Kontakt zur Erde besteht, wird aus dem Spiel bitterer Ernst. Ramses, der selbsternannte Anführer, treibt ein merkwürdiges Spiel und weiß viel mehr über die Expedition, als er zugibt ...
Herbert W. Franke: Flucht zum Mars.
DTV, 360 Seiten, 14,50 €.
„Gonzo-Generation“
von Hunter S. Thompson
Das Beste der „Gonzo-Papers“
Hunter S. Thompson begann seine Laufbahn als Sport-Journalist, bevor er Reporter für den „Rolling Stone“ und als Begründer des Gonzo-Journalismus zu einer Ikone der Hippie-Bewegung wurde. Zu seinen Büchern zählen neben „Fear and Loathing in Las Vegas“ die journalistischen Romane „Hells Angels“, „Königreich der Angst“ und „Rum Diary“. Wie niemand vor ihm ging er mit den Verfehlungen, der Doppelmoral und der Heuchelei der westlichen Gesellschaft ins Gericht. Drogen, Politik, Armut – Thompson's Nachrichten vom Rande des Abgrunds sind aufrüttelnd, erschütternd, aber auch hellsichtig und komisch. Thompson nahm sich am 20. Februar 2005 in seinem Wohnort Woody Creek, Colorado, das Leben. Dieser Band versammelt erstmals die besten Reportagen und Artikel aus vier Jahrzehnten schonungslosem Journalismus.
Hunter S. Thompson: Gonzo-Generation.
Heyne, 576 Seiten, 9,95 €.
„Grünes Gift“
von Patric Nottret
Wer auf Pilzsuche geht, findet manchmal alles andere als Pilze. Eine Leiche kann auch schon mal dabei sein. Patric Nottret's erster Roman, der in Frankreich sehr erfolgreich war, beginnt mit einer Leiche, in einem Wald bei Paris, in deren Tasche Teile einer unbekannten Pflanze gefunden werden. Sénéchal, Mitarbeiter, einer auf Verbrechen spezialisierten Abteilung des Umweltministeriums, wird gerufen, um an dem Fall mitzuarbeiten. Normalerweise fristet seine Abteilung ein Schattendasein und findet kaum jemals Anerkennung. Als kurz darauf ein Professor für Bio-Technologie ermordet wird, ahnt Sénéchal einen Zusammenhang, der sich bald immer deutlicher abzeichnet: die Pflanze stellt sich als gentechnisch verändert heraus, und jemand scheint daran interessiert, dass Sénéchal und ein Kollege für ihre Recherchen nach Südamerika reisen. Auf der Suche nach Biopiraten muss der Ermittler schon bald sein eigenes Leben aufs Spiel setzen.
Patric Nottret: Grünes Gift.
Lübbe, 430 Seiten, 8,95 €.
„Im Tal der schwarzen Tauben“
von Juan Carlos Arce
Juan Carlos Arce ist Schriftsteller als auch Anwalt. Für sein Theaterstück „Retrato en Blanco“ ernannte ihn die texanische Stadt Dallas zum Ehrenbürger. Sein Roman „Im Tal der schwarzen Tauben“ spielt 1939 in Figueres, als der der Sieg der faschistischen Truppen absehbar wird. Um die Kunstwerke des Prado vor den Bomben Francos zu schützen, soll die wertvolle Fracht außer Landes gebracht werden. Dabei kreuzen sich die Wege von Carlos und Teresa, deren Schicksal eng mit dem der Bilder verwoben ist und deren wachsende Zuneigung sich gegen einen unergründlichen Sumpf aus Spionage, Verrat und politischer Intrige behaupten muss.
Juan Carlos Arce: Im Tal der schwarzen Tauben.
Lübbe, 285 Seiten, 7,95 €.
„Intelligenz in der Natur“
von Jeremy Narby
Nicht nur der Mensch verfügt über eine unabhängige Intelligenz, auch Tiere, Pflanzen und Bakterien zeigen die erstaunliche Neigung, eigene Entscheidungen zu treffen und neue Handlungsmuster zu entwickeln. Jeremy Narby entdeckt intelligentes Verhalten überall in der Natur und präsentiert dazu überwältigendes Beweismaterial. Darüber hinaus geht er der Frage nach, was der Mensch auf seiner Suche nach einem gesünderen und nachhaltigeren Leben von einer beispielhaft sparsamen und anpassungsfähigen Natur lernen kann. Seine Forschungen über die Intelligenz in der Natur führten ihn von Heilern in Amazonien bis zu den Vordenkern der gegenwärtigen Naturwissenschaften. In seinem packenden Buch versucht er darzulegen, wie Natur ihr Wissen und ihre Weisheit erlangt.
Jeremy Narby: Intelligenz in der Natur.
AT-Verlag, 272 Seiten, 19,90 €.
„Liebes-Geschichten“
von Bert Hellinger
Geschichten zwischen Mann und Frau, Eltern und Kindern,
uns und der Welt
Bert Hellinger studierte alle bedeutsamen Therapie-Systeme und entwickelte schließlich eine eigene System- und Familientherapie, das Familienstellen. In diesen Aufstellungen können Probleme gelöst werden, die unbewusst von Generation zu Generation als Erbe weitergegeben werden. Die „Liebes-Geschichten“ in Hellinger’s neuem Buch zeigen, wie solche Probleme eine Beziehung erschweren und wie die Liebe zwischen Mann und Frau gelingt. In einigen Geschichten geht es außerdem um die tiefe, oft verborgene Liebe zwischen Kindern und Eltern, in anderen um die umfassende Liebe in der Familie als auch in größeren Gruppen. Eindrucksvolle Beispiele aus der Praxis zeigen, wie durch das Familien-Stellen unbewusste Muster aufgedeckt und neue Ordnungen in Beziehungen ermöglicht werden.
Bert Hellinger: Liebes-Geschichten.
Kösel, 255 Seiten, 19,95 €.
„Memento Mori“
von Muriel Spark
Gegen Ende des Weltkriegs arbeitete Muriel Spark als Sekretärin im Nachrichtenbüro des englischen Außenministeriums, wo sie Falschmeldungen produzierte, um die Deutschen irrezuführen. Später wurde sie Journalistin und Herausgeberin und eine der der produktivsten und wichtigsten englischen Schriftstellerinnen. In „Memento Mori“ schildert sie mit erbarmungsloser Komik schildert die Abenteuer des unverbesserlichen alten Sünders Godfrey, seiner Gattin Charmian und seiner Schwester Lettie. Ihr hohes Alter schützt die drei nicht vor Tor- und Bosheiten aller Art. Eine bissige Satire voller Überraschungen, die vielen als der beste Roman von Muriel Spark gilt.
Muriel Spark: Memento Mori.
Diogenes, 259 Seiten, 8,90 €.
„Moralischer Bankrott“
von Wayne Madsen
Der amerikanische Offenbarungseid
Der US-Journalist Wayne Madsen war einer der ersten, die über den globalen Folter-Tourismus der USA berichteten. Jetzt lässt er mit neuen Enthüllungen aufhorchen. Nicht Militär und Geheimdienst sind für den Transport der Folter-Opfer verantwortlich. Private Firmen lassen sich die schmutzige Arbeit teuer bezahlen. Die Spur führt in ein Geflecht aus Lobbyisten mit direkten Beziehungen in den Beraterstab von George W. Bush. Madsen nennt 37 maßgebliche Unternehmen, die seit 1994 mit weltweiten Söldner-Einsätzen Millionen umsetzen. Er tritt den Beweis dafür an, dass die Außenpolitik von George W. Bush dazu dient, das Privatvermögen seiner Familie und seiner Parteifreunde zu mehren. Hunderte Politiker, Firmen und ihre Eigner werden beim Namen genannt. Wo auch immer weltweit eine Krise ausbricht, sind die in diesem Buch genannten Konsortien längst vor Ort, um an ihr zu verdienen.
Wayne Madsen: Moralischer Bankrott.
HWK-Verlag, 416 Seiten, 19,95 €.
„Reisen in die Hölle und andere Urlaubsschnäppchen“
von P. J. O'Rourke
Seit 30 Jahren ist P. J. O'Rourke als Liberalenschreck, bekennender Whisky- und Zigarrenfan und als Reporter bekannt, der keine Kriegs- oder Krisenregion der Welt ausläßt. Warum eigentlich an den immer gleichen Stränden die immer gleichen Langweiler treffen, fragte sich O'Rourke im Jahre 1984. Er rief stattdessen beim Reiseministerium des Libanon an und buchte eine Woche Bürgerkrieg in Beirut. O'Rourke lernte nicht nur die berühmte Strandpromenade kennen (die man der Scharfschützen wegen allerdings nur im Laufschritt passieren konnte), sondern auch das richtige Verhalten bei Straßensperren verschiedenster Milizen, die beste Reaktion im Feindfeuer und die Kunst, in allen Lebenslagen die richtigen Antworten zu geben. Ob in Nordirland, Israel, Albanien oder auf den Philippinen: In den folgenden 20 Jahren bereiste O'Rourke fast alle touristenfreien Regionen der Erde. Auf wundersame Weise gelingen ihm dabei nicht nur höchst informative, sondern auch irrwitzig komische Reportagen über den alltäglichen Wahnsinn auf unserer Welt.
P. J. O'Rourke: Reisen in die Hölle und andere Urlaubsschnäppchen.
Eichborn / Die Andere Bibliothek, 320 Seiten, Leinen 28,50 €, Leder 75,00 €.
„Sondermann“
von Bernd Pfarr
Bernd Pfarr zeichnete viele Jahre lang Cartoons für „Titanic“ und das „Zeit-Magazin“. Bekannt wurde er vor allem mit der verschrobenen Figur Sondermann, die ein fester Bestandteil der Titanic wurde. Bis zu seinem Tod im Jahr 2004 schuf Pfarr über 500 Bildgeschichten über den kleinen Mann mit Hut – ein Werk, das nun erstmals vollständig vorliegt. Für diese aufwendig produzierte Gesamtausgabe wurde wo immer möglich auf die handaquarellierten Originale zurückgegriffen. Durch Sondermanns Brille gesehen wird die Welt schöner und reicher, denn Bernd Pfarr hat seine Abenteuer liebevoll ausstaffiert: Nach Genuß der hintersinnigen, oft staunenswerten Pointen warten zahllose Details, Landschaften, Interieurs oder Wolkenbildungen darauf, entdeckt zu werden.
Bernd Pfarr: Sondermann.
Steidl 504 Seiten, 48,00 €.
„Tatort Eine Welt“
von Karl-Albrecht Immel und Klaus Tränkle
CO₂-Ausstoß, Aufrüstung, Entwicklungshilfe, Energieverbrauch – die Medien liefern uns rund um die Uhr Fakten und Zahlen zum Thema Globalisierung. Doch der Überblick über die Zusammenhänge geht dabei meist verloren. Was hat ein Streak auf unserem Teller mit der Abholzung des Regenwaldes zu tun? Wie kann der Hunger in den ärmsten Ländern wirkungsvoll bekämpft werden? „Tatort Eine Welt“ behandelt alle Themen, die im Zusammenhang mit der Globalisierung von Bedeutung sind: von Ernährung, Gesundheit, Wohnung und Bildung über Wirtschaft, Finanzen, Rüstung und Kriege bis hin zu Umwelt und Menschenrechten. Dabei stellt es immer den Bezug zum Leser her, indem es der Frage nachgeht: Was haben wir damit zu tun?
Karl-Albrecht Immel wurde mit dem „Deutschen Journalistenpreis Entwicklungspolitik“ ausgezeichnet. Der ehemalige Pressesprecher des Kinderhilfswerks „Terre des Hommes“ ist heute Redakteur beim „Südwestrundfunk“ in Stuttgart. Mit seinen Reportagen zur Kinderarbeit in indischen Fabriken verhalf er dem „Rugmark“-Siegel für kinderarbeitsfreie Teppiche zum Durchbruch.
Karl-Albrecht Immel / Klaus Tränkle: Tatort: Eine Welt.
Peter Hammer Verlag, 199 Seiten, 19,90 €.
„Verschlusssache Terror“
von Gerhard Wisnewski
Wer die Welt mit Angst regiert
Seit dem 11. September 2001 werden die Sicherheits-Apparate immer mehr ausgebaut, doch neue Anschläge konnten nicht verhindert werden. Die Explosionen von London und Madrid, Bombenattrappen in Deutschland, selbst fadenscheinige Geheimdienst-Meldungen werden zum Anlass genommen, mit immer größerem finanziellen und logistischen Aufwand noch den letzten Winkel der Privatsphäre des Bürgers zu durchleuchten. Gerhard Wisnewski entwirft ein beklemmend realistisches Szenario, in dem die Terroristen nur Handlanger in einem viel größeren Plan sind. Im Windschatten von Terroranschlägen und Kriegen wird unsere Demokratie allmählich zerstört und durch immer autoritärere Strukturen ersetzt. Gerhard Wisnewski studierte Politikwissenschaften und arbeitet als freier Autor, Schriftsteller und Dokumentarfilmer. Seit dem Bestseller „Das RAF-Phantom“, an dem er als Co-Autor mitwirkte, gilt er als einer der führenden Enthüllungs-Journalisten Deutschlands.
Gerhard Wisnewski: Verschlusssache Terror.
Knaur, 354 Seiten, 12,85 €.
„Vom Blitz getroffen“
von Jeffrey S. Rosenthal
Die seltsame Welt des Zufalls
Wie wahrscheinlich ist es, einer bestimmten Person zu begegnen, im Lotto oder im Kasino zu gewinnen, Opfer einer Krankheit, einer Straftat oder eines Flugzeug-Absturzes zu werden? Warum ist es nicht sonderlich erstaunlich, wenn sich auf einer Party zwei Menschen mit demselben Geburtstagsdatum befinden oder wenn wir feststellen, dass unser Nachbar der Vetter des Hausmeisters unseres Bruders ist? Der Mathematik-Professor Jeffrey S. Rosenthal erklärt die Gesetze des Zufalls und zeigt, dass wir zwei Möglichkeiten haben: Opfer des Zufalls zu werden oder zu lernen, ihn zu verstehen. Das Fazit seines unterhaltsamen Buches: Es ist möglich, die Ungewissheiten des Lebens realistisch einzuschätzen.
Jeffrey S. Rosenthal: Vom Blitz getroffen.
Eichborn, 320 Seiten, 22,90 €.
Geändert: 10 / 2020