„Celler Scene“

Wissen, was los ist ...

BUCHBESPRECHUNGEN
im Jahr 1998



(Abb.: N. N.)


 Rezensionen von Martin Banger 


„Alles und noch mehr“
von Geoff Nicholson

Charlie Mayhew wird eines Tages ein großer Künstler sein, doch bis er noch nicht herausgefunden hat, welches genau seine Kunstrichtung ist, verdingt er sich als Hilfsmöbelträger bei „Haden Brothers“. Das Kaufhaus zieht ihn immer mehr in seinen Bann, und als er in der Welt draußen sein Dach über dem Kopf verliert, richtet er sich dort häuslich ein. „Haden Brothers“ ist das größte Warenhaus der Welt, erbaut in den 30er Jahren von dem exzentrischen Architektur-Genie Edward Zanders. Das einzige, was „Haden Brothers“ nicht verkauft – Motto: Alles und noch mehr –, ja, nicht verkaufen kann, ist sich selbst. Und wie exzentrisch Edward Zanders wirklich gewesen war, soll Charlie schon bald entdecken. Zur gleichen Zeit brütet Amold Haden, letzter der Haden-Brüder, in seinem antiseptisch weißen Apartement im obersten Stock des Kaufhauses hoch über den Straßen Londons, das er seit Jahren nicht mehr verlassen hat. Er erwartet die junge Vita Carlisle, eine neue Angestellte, um an ihr sein Recht der ersten Nacht geltend zu machen. Aber Vita hat anderes im Sinn und rüstet sich, um eine alte Rechnung zu begleichen. Während sich die Situation zwischen Vita und Arnold zuspitzt, wird dem Leser eine Reihe völlig schräger Charaktere vorgestellt, Angestellte, Kunden und Feinde des Kaufhauses, deren Schicksale auf vielfältige Weise miteinander verwoben sind.

Geoff Nicholson: Alles und noch mehr.
Haffmans, 380 Seiten, 39,00 DM.


„Beef“
von Ruth L. Ozeki

Der Roman erzählt parallel während eines Jahres das Leben zweier Frauen an unterschiedlichen Enden der Erde. Jane Tagaki-Little in den USA und Akiko Ueno in Japan begegnen sich in einem seltsamen, fast surrrealen Zusammenhang von globaler Politik, Fernsehen, persönlicher Krise – und Fleisch. Jane erhält die Chance ihres Lebens als Filmdirektorin einer TV-Serie, die den Export von US-Beef nach Japan fördern soll. Sie hätte sich nicht träumen lassen, dass ihre Filmreise ins amerikanische Heartland sie vor Fragen stellen wird, die mit Sex, Liebe und Fruchtbarkeit in unseren Tagen zu tun haben und auch sie ganz persönlich betreffen. Akiko im fernen Japan ist unglücklich mit Joichi verheiratet. Er will ein Baby, aber Akiko ist in der Ehe bulimisch geworden und hat ihre Periode verloren. Ihr Mann verlangt von ihr, dass sie die „TV-Fleisch-Show“ aus Amerika regelmäßig sieht und die Rezepte nachkocht. Denn Beef, so meint er, bringe ihr die Fruchtbarkeit zurück. Aber Akiko wird mehr aus Jane's Show lernen als Amerikas beste Beef-Rezepte ...

Ruth L. Ozeki: Beef.
Fretz & Wasmuth, 380 Seiten, 44,90 DM.


„Der erste Stein“
von Sergi Pàmies

„Der erste Stein“ erzählt die unwiderstehliche Geschichte eines ewig Zweiten, der nicht nur bei seinem Fußballklub auf der Ersatzbank sitzt. Auch im richtigen Leben steht er ständig auf der Warteliste: als Gelegenheitsliebhaber einer verheirateten Frau, als Angestellter, der unter den Scherzen seines Chefs zu leiden hat, als Bruder, der den lästigen kleinen Sohn der Schwester hüten muss – und sogar als Ersatz-Violinist einer Mariachi-Gruppe, obwohl er doch überhaupt nicht Geige spielen kann. In seiner Durchschnitt lichkeit und Unbedarftheit ist er ein durch und durch liebenswerter Anti-Held, einer, der auf die einschneidende Veränderung seines Lebens wartet.

Sergi Pàmies lässt die Geschichte mit Ruhe und Bedächtigkeit voranschreiten, was willkürlich eine besondere Komik erzeugt. Aber genau kalkuliert und äußerst wirkungsvoll setzt der Autor in das Lachen seine Widerhaken. Der erste Stein ist ein kleiner Roman mit großem Charme.

Sergi Pàmies: Der erste Stein.
Frankfurter Verlagsanstalt, 153 Seiten, 29,80 DM.


„Der letzte Sexist“
von David Bowker

Der Kolumnist Guy Lockheart hat seine Lektion endlich gelernt: er weiß jetzt, dass Frauen einfühlsam und sensibel, klug und natürlich, kreativ und stark sind. Und er weiß auch, dass Männer sich ungemein anstrengen müssen, um am wahren Leben teilhaben zu dürfen. Guy B. Lockheart tut sein Bestes – er ist ein ‚neuer‘ Mann. Und er kann mit dieser politisch korrekten Haltung sogar seinen Lebensunterhalt bestreiten: Guy arbeitet als Journalist und schreibt eine regelmäßige Kolumne in der Zeitschrift „Women of today“. Mit viel Sinn für die Frau im Mann verbreitet er sich über „Männer, die im Bett ihre Socken anlassen“ oder „Warum Männer nicht weinen können“. Er hat Erfolg – doch etwas stimmt nicht in seinem Leben. Es beginnt damit, dass er nur noch an Natalie, die Schwester seiner Frau denken kann. Und dann trifft er im Zug seinen alten Schulfreund Bomber wieder. Bomber liebt die Frauen, gutes Essen und dreckige Witze, und er hat eine irritierend schöne Freundin, die er durchaus auch zu teilen bereit ist. Theorie und Praxis beginnen sich bei Guy so weit voneinander zu entfernen, dass die Frauen zum Gegenangriff rüsten.

David Bowker: Der letzte Sexist.
Goldmann, 248 Seiten, 18,00 DM.


„Die Hexenmacher“
von Robin Briggs

Dass es keine Hexen gibt, ist keine moderne Erkenntnis. Auch die Kirche, die vom Mittelalter bis in die Neuzeit Menschen als Hexen jagte und hinrichtete, wusste es. 50.000 Menschen fielen diesem Wahn zum Opfer. Was veranlasste die Kirche wider besseres Wissen zu solchem Handeln? In dieser Gesamtdarstellung des Hexenwahns in Europa und Amerika legt Robin Briggs die Mechanismen frei, mit denen Mitmenschen zu Hexen gemacht oder verteufelt wurden. Durch Armut, Not, sozialen Druck in die Enge getrieben, suchte man nach geeigneten Schuld igen und fand diese in den Hexen, die angeblich durch okkulte Praktiken Unglück auf ihre Mitmenschen heraufbe schworen. Bevor die Kirche offizielle Schritte gegen Hexen unternahm, zögerte sie lange. Die Hexenprozesse kamen nur durch äußersten Druck des Pöbels in Gang, dem die Kirche schließlich nachgab.

Der Autor lässt anschaulich und eindrucks voll die meist dörflichen Lebensgemeinschaften im Mittelalter und in der frühen Neuzeit lebendig werden. Sein Buch beschränkt sich jedoch nicht auf längst vergangene Zeiten. Auch heute werden Menschen an den Rand gedrängt und verfolgt wie im sogenannten finsteren Mittelalter. Robin Briggs' Untersuchung gilt schon jetzt als Standardwerk.

Robin Briggs: Die Hexenmacher.
Argon, 559 Seiten, 58,00 DM.


„Gott ist mein Broker“
von Christopher Buckley und John Tierney

Dies ist die schier unglaubliche Geschichte eines Mannes, der – von Alkoholgespenstern, finanziellem Ruin und Verzweiflung geplagt – der schnöden Welt den Rücken kehrt und sein Leben für immer verändert: Aus dem gescheiterten „Wall Street“-Profi wird Bruder Ty – ein Mönch. Leider kann er nicht ahnen, dass es mit seinem frommen Zufluchtsort nicht gerade zum Besten steht. Denn dem altehrwürdigen Kloster Kana droht der Bankrott. Bis es Bruder Ty eines schicksalsträchtigen Tages beim Brevierlesen wie der Schlag trifft: Warum nicht in der größten Not Zuflucht bei Gott suchen? Und tatsächlich, in der heiligen Schrift scheinen die kostbarsten Börsen-Tipps zu schlummern. Und während dank göttlicher Fingerzeige nach und nach ein wahrer Goldregen auf die stille Klosterwelt niedergeht, entdeckt Bruder Ty ganz nebenbei auch noch die siebeneinhalb Gesetze für geistiges und finanzielles Wachstum, die jeden Esoterik-Propheten vor Neid erblassen lassen. Eine köstliche Parodie auf Esoterik-Ticks und Börsenfieber.

Christopher Buckley / John Tierney (Bruder Ty): Gott ist mein Broker.
Goldmann, 219 Seiten, 34,90 DM.


„Ich, Palden Gyatso, Mönch aus Tibet“
von Palden Gyatso und Tsering Shakya

Dies ist die Biographie eines Mannes, der 33 Jahre in chinesischer Gefangenschaft verbringen musste, weil er für die Freiheit Tibets eintrat. Palden Gyatso berichtet von seiner Kindheit und der Zeit vor dem chinesischen Einfall in Tibet. Als Sohn reicher Grundbesitzer geboren, kommt er mit neun Jahren ins Kloster und legt dort das Mönchsgelübde ab. Als China 1950 Tibet überfallt, ist er gerade 17 und hat so gut wie noch nichts von einer Welt außerhalb des Klosters gehört. Als Palden Gyatso inhaftiert wird, beginnt für ihn eine endlose Zeit unvorstellbarer Greuel. Gehirnwäsche, Folterungen, Hinrichtungen und Vergewaltigungen sind an der Tagesordnung. Dennoch berichtet Palden Gyatso ohne Hass oder Verbitterung von seinen Jahren in Gefangenschaft. Er bezeichnet seine Erfahrungen als merkwürdige Lebensreise - eine Reise die er nur überstehen konnte, weil er von dem Wunsch beseelt war, einmal dem Dalai Lama zu begegnen. 1992 floh Palden Gyatso aus Tibet. Doch anstatt sich, wie viele seiner Leidensgenossen, in ein Exilkloster zu begeben und in die Meditation zurückzuziehen, beschloss er, die Welt auf die Zustände in Tibet aufmerksam zu machen.

Inzwischen hat er vor den „Vereinten Nationen“ gesprochen und überall in Amerika und Europa Vorträge gehalten. Er ist der festen Überzeugung, dass Aufklärung und Widerstand schließlich zur Befreiung seines Heimatlandes führen werden. Palden Gyatso's Buch ist sowohl ein Aufruf nach politischer Gerechtigkeit als auch Zeugnis eines unerschütterlichen Glaubens.

Palden Gyatso / Tsering Shakya: Ich, Palden Gyatso, Mönch aus Tibet.
Lübbe, 303 Seiten, 38,00 DM.


„Kampf der Geschlechter“
von Erich Rauschenbach

Erich Rauschenbach gehört zu den erfolgreichsten Cartoonisten Deutschlands. In seinem neuesten Band, der sich ganz dem Thema Frauen und Männer widmet, nimmt er Beziehungskrisen, Sexismus und erotische Varianten unter die Lupe. Wenn sich der Psychologe unter den Cartoonisten dem ewig währenden Kampf der Geschlechter annimmt, dann kann das Ergebnis nur so aussehen: Dutzende exakt beobachtete, zugespitzte und mit ebenso hellsichtiger wie witziger Pointe versehene Cartoons, die uns allen, Männern wie Frauen, den Spiegel vorhalten.

Erich Rauschenbach: Kampf der Geschlechter.
Eichborn Verlag, 22,80 DM.


„Kennwort: Liebe fürs Leben“
von Rhonda Pritchard

Rhonda Prilchard, Psychologin und Psychotherapeutin, berät seit über 15 Jahren Paare. In ihrem Beziehungsratgeber „Liebe fürs Leben“ geht sie auf die verschiedensten Aspekte ein, die eine Partnerschaft am Leben erhalten oder zu deren Trennung führen können. Dabei bietet sie dem Leser keine neue Formel oder ein Patentrezept an, sondern berichtet von den Erfahrungen aus ihrer Praxis, bringt Fallbeispiele und gibt eine Fülle von Anregungen und Tips. Schwerpunkte ihrer Ausführungen bilden die Themen Partnersuche, Beständigkeit einer Beziehung, Umgang mit Stress, Kommunikationsprobleme und das Gleichgewicht zwischen Sicherheit und Freiheit. Die Autorin betont, dass übertriebene Wunschvorstellugen gerade bei den jüngeren Generationen häufig zum Scheitern von Beziehungen führen. Daher weist sie immer wieder daraufhin, wie unerfüllbare Erwartungen eine erfüllte Partnerschaft verhindern können.

Rhonda Pritchard: Kennwort: Liebe fürs Leben.
Verlag Trias, 232 Seiten, 29,80 DM.


„Liebe, Zoff und Zärtlichkeit“
von Paule Picard

Aus ihrer praktischen Alltagserfahrung hat die Autorin ein Buch zusammengestellt, das allemöglichen Stolpersteine des partnerschaftliehen Zusammenlebens ins Visir nimmt und zeigt, wie man sie umgehen kann. Statt psychologischer Problemanalyse setzt Paule Picard auf Humor und Gelassenheit. Ihr charmant unbeschwerter Beziehungsratgeber für alle Lebenslagen bietet dennoch sehr praktische Lösungen: Beim Umgang mit Geld zum Beispiel oder bei unterschiedlichen Auffassungen in der Kindererziehung oder wenn Ordnungsliebe und Schlamperei zusammentreffen. Bei Differenzen, die sich an den Haaren in der Dusche genauso entzünden können wie an der offenen Zahnpastatube oder auch bei religiösen Fragen: Zwischen zwei so unterschiedlichen Wesen wie Mann und Frau liegen Welten. Dass dazwischen die Liebe der beiden wächst, blüht und lebendig bleibt, ist Anliegen der Autorin. Ein realistisches Buch, das Optimismus verbreitet, die Freude am Zusammenleben fördert und die Beziehung stabilisieren hilft ...

Paule Picard: Liebe, Zoff und Zärtlichkeit.
Herder, 203 Seiten, 18,80 DM.


„Männerängste –
Wovor Männer sich wirklich fürchten“
von Hermann Ehmann

In einer großangelegten Interview-Studie befragte Hermann Ehmann Tausende von Männern zum Thema Ängste. Heraus kam eine oft verschwiege ne Wirklichkeit: Ob in der Beziehung zu Frauen, im Beruf oder bei Krankheiten – selbst wer ein ‚richtiger Mann‘ sein will, kennt in irgendeinem Bereich Ängste, Befürchtungen oder gar Panik. Nach dem Motto „ein Indianer kennt keinen Schmerz‘ versuchen die meisten Männer, Ängste zu ignorieren, zumindest aber vor anderen zu verschweigen. Gerade dies aber kann die Macht der Ängste noch verstärken. Der Autor zeigt, dass Männer mit dem Thema Angst anders umgehen als Frauen, und gibt Männern Hinweise zur Angstüberwindung, den Leserinnen praktische Tips für den Umgang mit dem Mann, der sich in seiner Haut gerade nicht wohl fühlt. Den Kernteil des Buches bilden Interviews, in denen vor allem Männer und gelegentlich auch Frauen zum Thema „Männerängste“ zu Wort kommen.

Dr. Hermann Ehmann ist Psychologe und Autor zahlreicher Bücher in den Bereichen Psychologie und Pädagogik.

Hermann Ehmann: Männerängste – Wovor Männer sich wirklich fürchten.
Kreuz Verlag, 173 Seiten, 29,90 DM.


„Schlaf gut, aber nicht mit mir“
von Susu Lohnsdorf

Caroline, 33, hat die Nase voll – von Männern und dem ganzen Ausgeh-Rummel. Also beschließt sie, sich für das ‚fremde‘ Geschlecht nicht mehr zu interessieren und ihr Leben umzukrempeln. Dass es ihr trotzdem nicht langweilig wird, verdankt sie der „Volkshochschule“, die für Singles einiges zu bieten hat, und ihren beiden Freundinnen Freddie und Lilie. Mit Witz und Finesse schlägt sie sich durch den frauenfeindlichen Alltag und lässt dabei so manchen Macho auf der Strecke. Doch dann taucht Jason auf, der gutausehende und heibegehrte Bauch-Beine-Po-Trainer, der Caroline's neue Lebensmaxime auf eine harte Probe stellt ...

Susu Lohnsdorf: Schlaf gut, aber nicht mit mir.
Bastei-Lübbe, 219 Seiten, 9,90 DM.


„The Virgin IIlustrated Encyclopedia of Rock“
von Colin Larkin (Hrsg.)

Colin Larkin, der Herausgeber dieses umfassendsten aller Rock-Lexika, wurde 1949 in Essex geboren. 20 Jahre lang arbeitete er als Buch-Designer und Typograph. Seine Liebe zur Musik drängte ihn Ende der 70er Jahre, eine eigene Rockband zu gründen. Damals erkannte er nach eigenen Angaben auch, wie unvollständig Bücher zum Thema „Rock-Musik“ editiert wurden, und er entschloss sich dazu, seine eigene Vision umzusetzen. Der Aufbau eines riesigen Archivs folgte - dieses besteht mittlerweile aus einer Datenbank mit sieben Millionen Worten. „The Virgin Encyclopedia of Rock“ enthält ca. 1.800 Einträge und 600 farbige Abbildungen. Ein Referenzbalken mit Querverweisen sorgt für Übersichtlichkeit und schnelles Auffinden aller weiteren Einträge über eine Gruppe oder einen Musiker.

Colin Larkin (Hrsg.): The Virgin IIIustrated Encyclopedia of Rock.
Olms, 352 Seiten, 78,00 DM.


„Wasserprediger und Weintrinker“
von Dorothee Beck und Hartmut Meine

Die Zahl der Arbeitslosen, Sozialhilfeempfänger und Obdachlosen steigt im Deutschland der späten 90er Jahre beängstigend. Gleichzeitig gibt es immer mehr Reiche und Superreiche. In den Großstädten prallen verschämte Armut und unverschämter Luxus unvermittelt aufeinander. In Krisenzeiten scheint der Sparzum Sachzwang zu werden. Doch die politische und wirtschaftliche Elite mahnt Kürzungen zuallererst bei den kleinen Leuten an. Politiker mit fürstlicher Altersversorgung fordern die Absenkung des Renten-Niveaus. Unternehmen, deren Aktienkurse astronomische Höhen erreichen, predigen Lohnsenkungen und Arbeitsplatz-Abbau. Die alten und neuen Reichen verlangen die Abschaffung der Vermögenssteuer. Dorothee Beck und Hartmut Meine nennen Zahlen und Namen: Wer sind die 50 reichsten Familien in Deutschland? Wie viele Millionäre gibt es? Wie viele Beitragsjahre braucht ein durchschnittlicher Arbeiter, um die Altersversorgung eines Politikers zu erreichen? Wer zahlt wieviel Steuern? Was können sich Arbeitslose und Sozialhilfe-Empfänger heute noch leisten? In diesem Buch geht es aber vor allem um Ursachen und Perspektiven: Verkommt die Politik immer mehr zum Anhängsel der Banken und Konzerne, mit der Aufgabe, den Standort Deutschland um jeden Preis für den globalen Wettbewerb fit zu machen? Wie kann eine Reform aussehen, die wieder mehr Verteilungsgerechtigkeit und sozialen Ausgleich zum Ziel hat?

Eine unglaubliche Fülle an Fakten, spannend lesbar aufbereitet ...

Dorothee Beck / Hartmut Meine: Wasserprediger und Weintrinker.
Steidl Verlag, 218 Seiten, 34,00 DM.


„Wie das Denken im Kopf entsteht“
von Steven Pinker

Steven Pinker's Buch „Der Sprachinstinkt“ wurde von der Fachwelt hoch gelobt, nun legt er ein Standardwerk zur Gehirnforschung vor: Mit seinem neuen Buch gewährt der renommierte Kognitions-Wissenschaftler seinen Lesern ungewöhnliche Einblicke in das wichtigste Organ des Menschen, in die Fabrik unseres Denkens. Er erklärt das Gehirn, indem er es ‚neu erfindet‘, indem er fragt und untersucht, warum es sich im Lauf seiner Entwicklung so und nicht anders entwickelt hat. Die Antworten erhellen gleichzeitig Fragen, die wir uns alle schon einmal gestellt, auf die wir aber nie eine Antwort bekommen haben: Wie und warum funktionieren die 3-D-Bilder des ‚Magischen Auges‘? Warum ekeln wir uns beim Gedanken daran, Würmer zu essen? Warum rühren uns Musik und Kunst so an? Und warum können wir das Rätsel unseres freien Willens und unseres Bewusstseins nicht lösen? Pinker verhilft alten Ideen zu neuem Glanz, etwa dass das Hirn ein Computer ist, und hinterfragt Ideen, die gerade en vogue sind, zum Beispiel dass Gefühle irrational seien, dass Kreativität ihren Ursprung im Unterbewußtsein habe und dass Kunst und Religion der Ausdruck höherer geistiger Fähigkeiten seien.

Ein faszinierendes und unterhaltsames Buch zu einem der spannendsten Themen der Menschheit ...

Steven Pinker: Wie das Denken im Kopf entsteht.
Kindler, 848 Seiten, 78,00 DM.


„Zigzag Street“
von Nick Earls

Richard Derrington ist 28 und Single. Mehr Single als er gern wäre. Mehr Single als er sich jemals vorgestellt hätte. Und erist nicht gerade glücklich dabei. Seit Anna ihn vor einem halben Jahr sitzen gelassen hat, klappt nichts mehr: Er macht seinen Job schlecht, spielt schlecht Tennis und kann noch nicht mal anständig Tapeten kleben. Nun soll Richard das Haus und den Kater seiner verstorbenen Großmutter hüten. Nach Wochen voller Frust, Chaos und Pech beschließt er, sein Glück wieder bei den Frauen zu versuchen. Doch den einzigen Treffer landet er ausgerechnet, indem er eine Unbekannte zufällig mit einem Schuh bewusstlos schlägt. Rachel heißt die Dame, in die er sich auch prompt verliebt. Doch egal, was er sich einfallen lässt, um ihr Herz zu gewinnen – Rachel ist ihm immer einen Schritt voraus.

Ein Roman mit einem bisschen Schadenfreude und viel Witz ...

Nick Earls: Zigzag Street.
Ullstein, 373 Seiten, 14,90 DM.

Geändert:  10 / 2020